Nord-LB:Milliarden zu Weihnachten

NordLB

Und wieder einmal fließen Milliarden, zur Rettung einer Landesbank: der Hauptsitz der Nord-LB in Hannover.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Berlin beantragt nun offiziell die Rettung der Nord-LB. Angeblich fließt dabei kein Steuergeld.

Von Meike Schreiber und Jan Willmroth, Frankfurt

Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers hat viel zu erklären in diesen Tagen. Am Montag noch brachte er zwei Gesetzentwürfe zur Rettung der Nord-LB auf den Weg, am Dienstag hat er den Haushaltausschuss im Landtag informiert, in Kürze soll das Parlament abstimmen. Zur Erklärung dieses ganzen Vorgangs gehört für Hilbers (CDU), dass es sich mitnichten um Staatshilfe handelt, wenn die Landesregierung als Haupteigentümer einen Milliardenbetrag in die marode Landesbank in Hannover investiert. Die Beteiligung Niedersachsens solle "Landesvermögen sichern" und erfolge zu "marktgerechten Konditionen", betonte er.

Es gibt also noch viel darzulegen für die schwarz-rote Koalition in Hannover. Was sind im Fall einer staatlichen Rettungsaktion "marktgerechte Konditionen"? Und wie kann die Landesregierung behaupten, dabei fließe "kein Steuergeld"?

Die Nord-LB hat seit mehr als einem Jahr zu wenig Kapital und müsste womöglich abgewickelt werden, wenn ihre Eigentümer nicht die geplanten 3,6 Milliarden Euro bereitstellten. Das Land und die beteiligten Sparkassen haben lange gerungen. Bis zum Jahresende muss nun feststehen, ob das Geld fließen kann. Die Bank mit Sitz in Hannover hatte sich nach der Finanzkrise mit Schiffskrediten dermaßen verhoben, dass ihre Verluste seit Jahren das Eigenkapital aufzehren. Das Land zog daher sogar in Betracht, das Institut teilweise zu privatisieren und verhandelte mit Finanzinvestoren und anderen Banken. Diese verloren allerdings schnell das Interesse, abgeschreckt vom Blick in die Bücher.

Brüssel muss nun prüfen: Hätte ein privater Investor zu den gleichen Bedingungen in die Bank investiert?

Und so bleiben zwei Optionen: Ein Milliardenbetrag aus der Staatskasse, oder das Ende. Im Jahr elf nach dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise stützen die deutschen Steuerzahler nun wohl erneut eine Bank, von der niemand weiß, ob sie dauerhaft überleben kann. Eigentlich hatten die Politiker nach der Finanzkrise versprochen, keine Steuergelder mehr für die Rettung von Banken einzusetzen. Auch in Brüssel kann nun zwar niemand vorhersehen, ob die Bank dauerhaft bestehen kann, auch wenn die Eigentümer ihr ein neues Geschäftsmodell verordnet und die Bilanz von den Schiffskrediten entlastet haben. Es gibt aber Signale, dass Brüssel die Rettung genehmigt. Hilbers und die übrigen Beteiligten haben mit der in diesen Tagen eingebrachten Gesetzesinitiative auf diese positiven Signale der EU-Kommission warten müssen. Die Behörde entscheidet in solchen Grenzfällen, was eine staatliche Beihilfe ist, und ob diese nach den Vorgaben des Lissabon-Vertrags zulässig ist.

Anfang vergangener Woche sprach sich herum, dass die EU-Kommission zugunsten der Nord-LB entscheiden würde. Offiziell hatte da allerdings noch niemand den Fall zur Prüfung nach Brüssel gegeben. Das ist mit Beginn dieser Woche anders, und so lässt sich auch das geschäftige Treiben in Hannover erklären. Das formelle Notifizierungsverfahren sei eingeleitet, heißt es. Damit kann Brüssel offiziell entscheiden, ob es sich um eine Staatshilfe handelt.

Die EU-Kommission wird nun zum Beispiel prüfen, ob ein marktwirtschaftlich handelnder privater Investor ebenfalls in die Bank investieren würde. Das dürfte nicht einfach zu begründen sein, schließlich scheiterte der Privatisierungsversuch vergangenes Jahr. Die jetzige Kapitalmaßnahme sei nicht vergleichbar mit dem Verfahren vom Januar 2019, sagte eine Sprecherin, ohne dies näher zu begründen. Ohnehin stuft auch die Bundesregierung die Rettung als "außerordentliche Unterstützung" ein, die auch nach neuen EU-Regeln zur Bankenabwicklung erlaubt sei. Als Eigner der Nord-LB dürften die Länder die Bank eben retten, so deren Standpunkt.

Das sehen längst nicht alle so: "Mit der Genehmigung der EU-Kommission ist leider wohl die letzte Hoffnung dahin, dass diese Geldverschwendung gestoppt wird", sagt Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende. Das seien schlechte Aussichten für die Steuerzahler in Niedersachsen. "Ich befürchte, dass das nicht die letzte Rettungsrunde der Nord-LB sein wird, so wie die vorherige Rekapitalisierung ja auch nicht die letzte war."

Und trifft es überhaupt zu, dass dieser Aktion kein Steuergeld fließt, wie Hilbers sagt? Auch das bezweifeln Kritiker. Denn natürlich muss die Beteiligungsgesellschaft des Landes zur Finanzierung der Barkapitalerhöhung einen Kredit aufnehmen, für den Zins und Tilgung anfallen. Ob die Bank aber jedes Jahr Dividende zahlt, um diesen Kapitaldienst zu leisten, ist unsicher. In den vergangenen zehn Jahren hat sie nur für zwei Jahren ausgeschüttet. Stefan Wenzel, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag sagt, "unzweifelhaft" stehe Steuergeld im Feuer, "die neue Beteiligungsgesellschaft würde ohne Rückhalt und Bürgschaft des Landes keinen Cent von den Banken bekommen".

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