Nord-LB:Eine Landesbank unter Druck

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Die nicht enden wollendende Schifffahrtskrise macht der Nord-LB immer mehr zu schaffen. Nun erwägt die niedersächsische Landesbank sogar, ihre wichtigste Tochter zu verkaufen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Nord-LB-Chef Thomas Bürkle macht keinen Hehl aus der Lage seines Geldhauses. "Die Schiffsfinanzierung ist wahrscheinlich die größte Herausforderung, die die Bank in ihrer 250-jährigen Geschichte zu bestehen hat", sagte er kürzlich in Hannover. Zwar wurde die Nord-LB erst 1970 gegründet; ihre Vorgängerinstitute blicken aber tatsächlich auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Selbst im historischen Vergleich trifft sie die ins neunte Jahr gehende Schifffahrtskrise also offenbar äußerst hart.

Wie sehr die Landesbank zu kämpfen hat, belegt nun ein Plan, den der Vorstandschef bereits seit Wochen prüfen lässt. Nach SZ-Informationen erwägt er, ausgerechnet die prosperierende Tochter Deutsche Hypothekenbank (Deutsche Hypo) loszuschlagen. Die Hypo ist nicht irgendeine Beteiligung, sondern das was man gemeinhin "Tafelsilber" nennt. Mit rund 400 Mitarbeitern am Konzernsitz in Hannover und einer Bilanzsumme von 25 Milliarden Euro ist sie eine der größten Immobilienbanken Deutschlands. Das Geldhaus finanziert vor allem große Bürohäuser oder Logistikimmobilien. Türmten sich bei der Nord-LB in der Vergangenheit die Verluste im Schifffahrtsgeschäft auf, glichen dies die Gewinne der Hypo oftmals wieder aus.

Nach der Übernahme der Bremer Landesbank muss die Nord-LB ihre Kapitalbasis wieder stärken

Durch einen Verkauf würde die Mutter also Erträge verlieren, dafür aber immerhin einmalig ihre im Vergleich dünne Kapitalbasis stärken. Das wiederum ist dringend notwendig, nicht etwa weil das Geldhaus von der Pleite bedroht ist, sondern weil spätestens seit der Finanzkrise kaum mehr zählt als eine dicke Kapitaldecke.

Die Finanzkrise hatte die Nord-LB noch einigermaßen gut hinter sich gebracht, weil sie sich anders als andere Landesbanken auf dem US-Häusermarkt zurückgehalten hatte. 2016 aber traf sie die Schiffskrise dann mit voller Wucht: Sie bescherte dem zweitgrößten Schiffsfinanzierer Deutschlands, der mehrheitlich dem Land Niedersachsen gehört, einen Rekordverlust von knapp zwei Milliarden Euro nach Steuern. Andere Landesbanken wie die BayernLB erwirtschafteten da längst wieder halbwegs ordentliche Gewinne.

Zu schaffen macht der Nord-LB, die an diesem Dienstag Zahlen zum ersten Quartal 2017 veröffentlicht, außerdem die Rettung der Bremer Landesbank. Die vormalige 55-Prozent-Tochter hatte sich ebenfalls mit Schiffskrediten verhoben. Deren Verluste in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro musste die Nord-LB 2016 ausgleichen und die Tochter komplett übernehmen. Die Aufseher der Europäischen Zentralbank hatten den Bremern unmissverständlich eine Abschreibung auf ihre Schiffskredite nahegelegt. Der klamme Stadtstaat hätte frisches Kapital in gleicher Höhe nachschießen müssen - wäre da nicht das rettende Dach der Nord-LB gewesen. Staatshilfe hingegen wolle und werde man dafür in keinem Fall beanspruchen müssen, hieß es seinerzeit in Hannover.

Die Schiffskrise setzt der deutschen Finanzbranche immer stärker zu

Tatsächlich setzt die Misere der Schifffahrt nicht nur der Nord-LB, sondern der gesamten deutschen Finanzbranche immer stärker zu. Während die Finanzkrise vor zehn Jahren noch mit voller Wucht zuschlug, kommt die Misere nun eher schleichend. Das Problem: In der Containerschifffahrt hatten sich in den vergangenen Jahren gigantische Überkapazitäten aufgebaut. Die Charterraten verfielen, viele Reeder konnten ihre Kredite nicht mehr bedienen. Besonders betroffen ist die HSH Nordbank in Hamburg, die nach der Rettung ihrer Eigentümer verkauft werden muss. Ein weiterer Problemfall ist die genossenschaftliche DVB-Bank, der drittgrößte Schiffsfinanzierer hierzulande. Vor Jahresfrist wurde das Institut de facto von der DZ-Bank - dem Dachinstitut aller Volks- und Raiffeisenbanken - gerettet; das eigene Kapital der DVB reichte nicht mehr aus, um die Schiffsverluste zu absorbieren.

Auch die Nord-LB muss nun radikal gegensteuern. Ein Sprecher der Landesbank sagte zu einem Verkauf der Deutschen Hypo, der Konzern habe bekanntlich alle Konzerneinheiten einschließlich Tochtergesellschaften und Beteiligungsunternehmen auf den Prüfstand gestellt. "Dabei werden unter anderem auch mögliche Veräußerungen in Erwägung gezogen." Hierzu gebe es allerdings noch keine Entscheidungen, da die Prüfungsphase noch laufe. "Daher ist es derzeit nicht möglich, Aussagen zu einzelnen Tochtergesellschaften zu treffen."

Ob es zu einem Verkauf kommt, ist also noch offen. Klar ist aber: Die Nord-LB muss weiter schrumpfen. Wurde den Hannoveranern zeitweise noch Interesse an einer Übernahme der HSH Nordbank nachgesagt, dürften sich derlei Ambitionen nun erledigt haben.

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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