Nintendo:Widerstand ist zwecklos

Der japanische Spielekonzern Nintendo muss jetzt seinen Klassiker Super Mario aufs Smartphone schicken. Das Unternehmen hatte lange damit gezögert.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Der Überraschungs-Gast der Apple-"Keynote" am Mittwoch war der Spieleentwickler Shigeru Miyamoto. Apple-Chef Tim Cook stellte den 63-Jährigen als "Vater von Super Mario" vor. Jedes Mal, wenn Super Mario seit den Achtzigerjahren eine neue Spiele-Plattform erklommen habe, sei er weiter gelaufen: "Jetzt rennt er auf sein nächstes Ziel zu, das iPhone", sagte der Entwickler von Super Mario. Zum Weihnachtsgeschäft soll der populäre italienische Klempner auf iOS, dem Apple-Betriebssystem, erhältlich sein - unter anderem mit dem neuen Spiel "Super Mario Run". Auch eine Android-Version ist geplant. Erstmals könne man Super Mario außerdem mit einer Hand spielen, so Miyamoto: "Und sich mit der anderen Hand im Zug festhalten. Oder einen Hamburger essen. Oder einen Apfel."

Der Computerspiele-Konzern Nintendo hatte lange damit gezögert, seine Spiele auf das Smartphone zu bringen. Sie sollten lieber auf den firmeneigenen Spielekonsolen laufen, mit denen Nintendo mehr Geld verdiente als mit der Spiele-Software. Die Super-Mario-Spiele, die es bereits fürs Handy gibt, sind nicht autorisiert. Nintendo musste seinen Widerstand jedoch aufgeben, zumal Spiele anderer Hersteller sehr erfolgreich auf dem Smartphone sind. "Angry Birds" läuft auf mehr als 100 Millionen Android-Geräten, "Candy Crush" wurde 500 Millionen Mal installiert. Derweil brach der Absatz von Nintendos Spielkonsole 3DS ein, die Wii U ist sogar ein Flop.

Die Firma aus Kyoto, die vor 127 Jahren mit Spielkarten startete, stand mehrfach vor dem Aus, weil ihr Geschäftsmodell plötzlich nicht mehr funktionierte und sie zu lange zögerte. Der Schritt zum Video-Spiel 1974 geschah aus Verzweiflung, der Spielkartenabsatz war eingebrochen, Geschäftsideen wie ein Taxi-Unternehmen scheiterten. Die Computerspiele machten Nintendo dann zu einem der profitabelsten Unternehmen Japans. Im abgelaufenen Jahr, das nicht gerade gut lief, erwirtschafteten 5100 Mitarbeiter einen Umsatz von umgerechnet gut vier Milliarden Euro.

Nun droht das Smartphone, Nintendos Konsolen ganz überflüssig zu machen. Wer kauft sich einen zusätzlichen Kleincomputer für Spiele, wenn er ein leistungsfähigeres Gerät in der Tasche trägt? Andererseits verfügt Nintendo über 4000 Patente, weswegen auch schon über eine Fusion mit Xbox-Hersteller Microsoft oder gar dem Erzfeind Sony spekuliert worden ist.

Pokémon Go machte es vor - allerdings profitieren die Japaner kaum davon

Im März hat Nintendo die Kurzmitteilungs-App Miitomo für Smartphones veröffentlicht, womit Jugendliche Kontakte knüpfen können; die Begeisterung legte sich bald. Im Juli folgte Pokémon Go, mit dem Spieler per Smartphone virtuelle Pokemon-Figuren in der realen Umgebung suchen und fangen können. Pokémon Go brach Rekorde und wurde bereits 500 Millionen Mal heruntergeladen, Nintendos Aktienwert verdoppelte sich. Allerdings wurde das Spiel von Niantic entwickelt, einem Start-up von Google, an der Nintendo eine Minderheitsbeteiligung hält. Pokémon Go hat bislang fast 400 Millionen Euro eingespielt, zur Zeit macht die App täglich noch fast vier Millionen Euro Umsatz. Für Nintendo bleibt aber nur ein Bruchteil des Gewinns.

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