Nike und Adidas bei der Fußball-WM:Materialschlacht in Brasilien

Nike und Adidas bei der Fußball-WM: Die brasilianische Nationalmannschaft wird für die WM 2014 von Nike eingekleidet.

Die brasilianische Nationalmannschaft wird für die WM 2014 von Nike eingekleidet.

(Foto: AFP)

Während Hunderttausende Brasilianer gegen die hohen Kosten der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 auf die Straße gehen, rüstet sich Adidas bereits für das Sportevent. Denn Wettbewerber Nike hat den Vorteil, die Gastgeber einzukleiden.

Von Uwe Ritzer, Herzogenaurach

Ein Heimspiel wird die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien für den erfolgsverwöhnten Sportartikelhersteller Adidas nicht werden. Denn anders als bei den Titelkämpfen 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika wird das Team des Gastgebers nicht von der fränkischen Drei-Streifen-Marke ausgerüstet, sondern von deren größtem Konkurrenten Nike. Die US-Marke ist insgesamt die Nummer eins im fußballverrückten Brasilien, dem mit 200 Millionen Einwohnern fünftgrößten Land der Welt. Adidas-Chef Herbert Hainer stachelt das an. "Früher oder später werden wir die Nummer eins in Brasilien sein", meint er. "Und die WM wird uns dabei helfen."

Olympische Spiele, vor allem aber Welt- und Europameisterschaften im Fußball, sind für Sportartikelhersteller traditionell die Plattformen, um sich und die eigenen Produkte einem Milliardenpublikum weltweit zu präsentieren. So wird aus Fußballplätzen Laufstege für die neuesten Textil- oder Schuhkollektionen. Experten gehen davon aus, dass die WM 2014 auf so viel Interesse weltweit stoßen wird wie keine WM zuvor. Dementsprechend werden Hunderte Millionen Euro in diese sportlichen Großereignisse gepumpt. Die Sichtbarkeit und Auffälligkeit dort entscheiden mit darüber, wer in einer Region oder Sportart Marktanteile gewinnt - oder verliert.

Für Adidas soll die Fußball-WM 2014 das Vehikel werden, um den Umsatz mit Fußballprodukten im kommenden Jahr von zuletzt 1,7 auf zwei Milliarden Euro zu treiben und damit auf ein neues Rekordniveau. Zwar nicht als Ausrüster des Gastgebers, so doch als Exklusiv-Sponsor des Weltfußballverbandes Fifa und damit der WM insgesamt wird Adidas (wie seit Jahrzehnten bei solchen Turnieren) auch 2014 extrem präsent sein. Es wird ausschließlich mit Adidas-Bällen gespielt; alle Balljungen und Schiedsrichter werden Adidas tragen, ebenso Funktionäre und tausende freiwillige Helfer an den Spielorten.

Adidas rüstet die Titelfavoriten aus

Als einziger Sportartikelhersteller darf Adidas auch in den Stadien und unmittelbar ringsum werben. Zudem rüstet man Titelfavoriten wie Deutschland, Spanien oder Argentinien aus - so sie sich für die WM qualifizieren, woran jedoch kaum jemand zweifelt. Um von dieser Omnipräsenz zu profitieren, kündigt Adidas-Fußball-Chef Marcus Baumann eine Produktoffensive an: Besonders leichte Fußballtrikots, -hosen und -schuhe, reichlich Fanartikel, oder auch technologische Entwicklungen auch für den Normalfußballer wie einen Chip im Ball, der genau misst, wie der Schütze die Kugel getroffen hat. Adidas sei schon jetzt "die klare Nummer eins im Fußball", trommelt Vorstandschef Hainer. "Mit der WM werden wir unsere Führungsposition in dieser Kategorie einmal mehr unterstreichen."

"Brasilien ist extrem wichtig für uns"

Und die Unruhen in diesen Tagen? Während in den brasilianischen Stadien als eine Art WM-Generalprobe gerade der Confederations-Cup ausgetragen wird, demonstrieren auf den Straßen Hunderttausende Menschen. Sie sind wütend, weil viel Geld für die Stadien und andere WM-Einrichtungen ausgegeben wird. Geld, das für ihre Belange und für Soziales fehlt. Die Demonstranten wehren sich gegen steigende Preise, Korruption, Misswirtschaft, Zwangsumsiedelungen. Die Proteste seien ein zeitlich begrenztes Phänomen, bleibt Adidas-Chef Hainer gelassen. Die Menschen würden die Aufmerksamkeit für den Confed-Cup und die bevorstehende WM nutzen, um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. "Aber sobald die WM startet, werden die Demonstrationen vorbei und die Menschen vom Fußball begeistert sein", prophezeit er. Im Übrigen werde man sehen: "Die WM wird dem ganzen Land helfen, so wie sie 2006 auch Deutschland geholfen hat."

Die Hoffnung auf eine brasilianische Wiederholung des deutschen Sommermärchens kommt nicht von ungefähr - sie ist auch von geschäftlichen Interessen getrieben. Nicht nur Adidas, sondern die gesamte Sportartikelbranche verbindet mit Brasilien und der Fußball-WM große Hoffnungen. Das Land ist eine aufstrebende Industrienation; vom wirtschaftlichen Wachstum und dem damit einher allmählich steigenden Wohlstand profitiert auch die Konsumgüterindustrie. Überhaupt gilt nahezu der gesamte lateinamerikanische Kontinent auf Jahre hinaus als eine der wichtigsten weil prosperierendsten Regionen für die Sportartikelhersteller. "Brasilien ist dabei extrem wichtig für uns", sagt Hainer.

Adidas hat seinen Umsatz in Lateinamerika verzehnfacht

Das gilt ebenso für den großen Widersacher Nike. Also liefern sich die beiden mit weitem Abstand größten Marken der Sportartikelindustrie vor Ort eine Materialschlacht. Adidas hat erst vor ein paar Wochen Flamengo Rio de Janeiro unter Vertrag genommen, einen der größten und traditionsreichsten Fußballvereine des Landes, der 40 Millionen Fans haben soll. Dieses Team zehn Jahre lang ausrüsten zu dürfen, dafür zahlt Adidas angeblich 190 Millionen Euro. Offiziell mag die Zahl in Herzogenaurach niemand bestätigen.

Binnen zehn Jahren hat Adidas den Umsatz in Lateinamerika von 140 Millionen auf 1,4 Milliarden Euro verzehnfacht. Die Geschäfte wachsen jährlich um zweistellige Prozentraten, und so soll es weitergehen. Aus der strengen Perspektive brasilianischer Fußballfans allerdings könnte es bei der WM 2014 jedoch ein Problem für die Drei-Streifen-Marke geben: Adidas ist traditionell der Ausrüster des kontinentalen Erzrivalen Argentinien samt dessen Superstars Lionel Messi. Ausgerechnet.

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