Nike:Der Affront gegen Trump ist gut fürs Image

Nike: Nike-Geschäft in New York: Der Ärger mit Trump dürfte das Image als rebellische Firma stärken.

Nike-Geschäft in New York: Der Ärger mit Trump dürfte das Image als rebellische Firma stärken.

(Foto: AFP)
  • Der Footballspieler Colin Kaepernick ist der wahrscheinlich umstrittenste Sportler der USA, seit er sich 2016 beim Abspielen der Nationalhymne hinkniete.
  • Der Sportartikelhersteller Nike hat ihn nun für eine Werbekampagne engagiert und damit Präsident Trump sowie rechtsgerichtete Wähler gegen sich aufgebracht.
  • Der Konzern nimmt politisch häufiger Stellung. Auch, weil das Image als rebellische, moderne und liberale Firma gut ankommen dürfte.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Vielleicht ist so manchem Konzernoberen bei der Lektüre der Zeitungen und Webseiten dann doch einmal die Düse gegangen, denn viel schärfer hätten die Reaktionen auf ihre jüngste Werbekampagne nicht ausfallen können: Der Kurs der Firmenaktie brach nach monatelanger Rekordjagd um mehr als drei Prozent ein, in den sozialen Netzwerken verbreiteten sich Videos, in denen Menschen Schuhe und Socken verstümmeln, und der bekannteste Kunde des Planeten gab ein Interview, in dem er den Managern aus Beaverton bei Portland vorwarf, eine "furchtbare Botschaft" zu verbreiten. Für einen Moment schien es so, als sei da ein provokanter Werbegag kräftig nach hinten los gegangen.

Mittlerweile jedoch scheint klar zu sein, dass der Sportartikelriese Nike an der Idee festhält, eine Kampagne mit dem ebenso berühmten wie vielgehassten Footballspieler Colin Kaepernick zu starten - was immer die Börse sagt, wie zornig konservative Käufer auch reagieren und ob Präsident Donald Trump nun zetert oder nicht. Die PR-Berater von Apex Marketing rechneten gar vor, der Twitter- und Facebook-Sturm, der zu Wochenbeginn über Nike hinwegbrauste, habe einer Werbezeit entsprochen, für die der Konzern sonst 43 Millionen Dollar hätte ausgeben müssen. Zudem seien die allermeisten Kommentare positiv gewesen. Unter dem Strich sei der Ärger einzelner Kunden für Nike also leicht zu verschmerzen, sagte Bob Dorfman von der Werbeagentur Baker Street Advertising der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Kaepernick, Sohn einer weißen Mutter und eines afroamerikanischen Vaters, ist der wahrscheinlich umstrittenste Sportler der USA, seit er sich 2016 beim Abspielen der Nationalhymne vor Beginn eines Matches seiner San Francisco 49ers hinkniete. Er wollte damit ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt setzen und fand rasch Nachahmer. Trump und die politische Rechte des Landes deuteten die Aktion jedoch umgehend in eine Debatte über mangelnden Respekt gegenüber der Hymne, der Flagge und den Streitkräften um. Der Präsident bezeichnete die protestierenden Spieler gar als "Hurensöhne" und übte monatelang massiven Druck auf die Teambesitzer der Profiliga NFL aus, das Knien zu verbieten und widerspenstige Spieler zu entlassen. Zwar setzte er sich nur teilweise durch, Kaepernick jedoch fand nach dem Auslaufen seines Vertrags in San Francisco vor einem Jahr keinen Club mehr, der den Mut hatte, ihn zu engagieren.

Nike hat nun zum 30. Geburtstag seines Werbespruchs "Just Do It" ("Tu's einfach") eine Reihe herausragender Sportler verpflichtet, darunter afroamerikanische Top-Athleten wie LeBron James (Basketball), Serena Williams (Tennis), Odell Beckham Jr. (Football) - und Kaepernick. Ihre Gesichter werden auf großen Schwarz-Weiß-Plakaten zu sehen sein, kombiniert mit einem individuellen Slogan. Bei Kaepernick lautet er: "Glaube an etwas. Auch wenn es bedeutet, dass du alles dafür aufgibst."

Das war eine Botschaft, die auch Trump verstand. Der Präsident sagte in einem Interview der rechtslastigen Nachrichtenwebsite The Daily Caller, in den USA dürfe zwar jedermann sagen, was er wolle. Die Nike-Kampagne transportiere jedoch eine schlimme Aussage, "eine Botschaft, die nicht gesendet werden sollte". Er konnte sich zudem den Hinweis nicht verkneifen, dass es auch geschäftliche Verbindungen zwischen ihm und dem Sportartikelhersteller gebe. "Nike ist einer meiner Mieter", rühmte er sich. "Sie zahlen kräftig Miete."

Dass Trump öffentliches Amt und private Interessen miteinander verknüpft, ist längst zu einem Merkmal dieser Präsidentschaft geworden, das vielen ethisch sensibleren Menschen immer noch die Zornesröte ins Gesicht treibt. Erst jüngst hatte Präsidententochter Ivanka nach viel Kritik und Boykottaufrufen angekündigt, ihre Modefirma abzuwickeln und sich auf den Job als Beraterin ihres Vaters zu konzentrieren.

Manche Konzerne lavieren, um nicht Opfer von Boykottaufrufen zu werden

Der Nike-Streit wird auch jene Grundsatzdebatte in US-Unternehmen weiter befeuern, was die zunehmende Politisierung und Polarisierung des Landes für die gesellschaftliche Rolle der Wirtschaft bedeutet. Vor allem seit Trumps Wahlsieg stehen Firmen immer häufiger unter dem Druck von Kunden, Aktionären und Aktivisten, in aktuellen Fragen Stellung zu beziehen. Manche Konzerne lavieren, um nicht Opfer etwa von Boykottaufrufen zu werden, andere haben die neue Rolle angenommen. Nike zum Beispiel startete schon kurz nach Trumps Amtsantritt eine Werbekampagne mit dem Slogan "Gleichheit", für die der Konzern neben Stars wie James und Williams auch den transsexuellen Triatlethen Chris Mosier und die muslimische US-Fecherin Ibtihaj Muhammad aufbot, die beim Wettkampf ein Kopftuch trägt.

Soziale Verantwortung allein dürfte allerdings nicht das Motiv sein, das die Nike-Oberen antreibt. Vielmehr stärkt das gesellschaftliche Engagement auch die Bindung vieler Sportler an den Konzern - was ihm wiederum hilft, Top-Athleten als Werbeträger einzukaufen, die auch vom leiseren Rivalen Adidas umworben werden. Auch bei vielen Kunden, die laut Marktforschung zu zwei Dritteln jünger als 35 Jahre sind und aus allen ethnischen Gruppen kommen, dürfte das Image als rebellische, moderne und liberale Firma gut ankommen.

Immerhin, rein geschäftlich gesehen werden sich Nike und Trump so schnell nicht wieder in die Quere kommen: Der Konzern machte jüngst seinen einstigen New Yorker Vorzeigeladen, der unmittelbar neben dem Trump Tower in einem von den beiden älteren Präsidentensöhnen gemanagten Geschäftshaus residierte, dicht.

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