Niedrigzins:Erste Pensionskasse senkt Betriebsrenten
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Eine Talanx-Tochter reduziert den Garantiezins. Betroffen sind 80 000 Mitarbeiter.
Von Herbert Fromme, Köln
Die niedrigen Zinsen treffen die betriebliche Altersversorgung. Die erste Pensionskasse hat angekündigt, die Verzinsung für bestehende Verträge zu ändern - mit der Folge, dass etwa 80 000 Arbeitnehmer im Durchschnitt 16 Prozent weniger Betriebsrente erhalten als erwartet.
Die Neue Leben Pensionskasse (NLP) gehört dem hannoverschen Versicherungskonzern Talanx sowie acht großen Sparkassen. Die unternehmerische Führung liegt bei der Talanx. Die Gesellschaft hatte vor allem über diese Sparkassen vornehmlich in den Jahren 2003 bis 2005 Verträge für die betriebliche Altersversorgung an kleine und mittelständische Unternehmen verkauft. Insgesamt 10 000 Arbeitgeber sind dabei betroffen.
Damals nannte die Pensionskasse einen "Rechnungszins" von 3,25 Prozent für die Laufzeit des Vertrages. Hinter dem technischen Ausdruck verbirgt sich, was umgangssprachlich auch Garantiezins genannt wird - die Mindestverzinsung, die ein Lebensversicherer oder eine Pensionskasse für die gesamte Laufzeit des Vertrags gewährt.
Mit dieser Garantie ist es bei vielen Pensionskassen allerdings nicht weit her. Denn sie haben sich in den Versicherungsbedingungen das Recht gegeben, den Rechnungszins im Notfall zu senken. Und genau das tut die Neue Leben jetzt. Anstatt der 3,25 Prozent, gelten für alle Beiträge, die von Januar 2017 an gezahlt werden, nur noch 1,25 Prozent Garantiezins. Bestehende Guthaben aus bisherigen Beitragszahlungen sowie laufende Renten sind nicht betroffen.
Die Absenkung hat vor allem für jüngere Versicherte, deren Verträge noch viele Jahre laufen, drastische Folgen. Deren Betriebsrenten sind damit im Schnitt 16 Prozent niedriger als bislang in Aussicht gestellt, bestätigt ein Sprecher. Die Zinssenkung sei aber nötig, um die Kunden langfristig bestmöglich zu sichern. "Dies ist im Interesse jedes einzelnen Versicherungsnehmers." Die notwendige Zustimmung der Finanzaufsicht Bafin hat die NLP erhalten. Sie ist nicht die einzige Pensionskasse mit Problemen. Versicherungsaufsichtschef Frank Grund warnte vor zwei Wochen: "Möglicherweise können bald einzelne Pensionskassen nicht mehr aus eigener Kraft ihre Leistungen in voller Höhe erbringen."
Der Schritt der NLP dürfte das Vertrauen in Pensionskassen und Lebensversicherer nicht gerade stärken. Allerdings wäre ein ähnliches Vorgehen bei einem Lebensversicherer schwerer: Er könnte nicht selbst den Rechnungszins senken, wie das die NLP mit Zustimmung der Bafin getan hat. Bei einem Lebensversicherer müsste eine Notlage vorliegen, dann könnte die Bafin bestehende Garantien aussetzen.
In Deutschland bestehen zahlreiche Pensionskassen für Mitarbeiter einzelner Unternehmen oder Gruppen. Außerdem haben viele Versicherer Anfang des Jahrhunderts Pensionskassen gegründet, um steuerliche Vorteile für kleine und mittlere Unternehmen zu nutzen. Auch die NLP gehört dazu. Das Geschäft schrumpfte, nachdem der Gesetzgeber mit Wirkung 2006 die Steuervorteile deutlich reduziert hatte.
Müssen jetzt die Arbeitgeber einspringen? Der Versicherer sieht das nicht so
Ein Haftungsrisiko für die Arbeitgeber sieht die NLP nicht. Normalerweise müssen sie für arbeitsrechtliche Zusagen haften, auch wenn die betriebliche Altersversorgung von externen Anbietern betrieben wird. "Die Zusage an den Arbeitnehmer sah in den konkreten Fällen von Beginn an die Möglichkeit vor, mit Zustimmung der Bundesaufsicht künftige Rechnungsgrundlagen zu verändern", so die NLP.
Lebensversicherer und Pensionskassen leiden unter den niedrigen Zinsen. Da ihr Geschäft vor allem aus den Jahren 2003 bis 2005 stammt, als der Garantiezins von 3,25 Prozent galt, und sie keinen Ausgleich aus vielen neuen Verträgen vorweisen kann, trifft die hohe Belastung die NLP besonders. Schon im Geschäftsbericht für 2014 hatte das Management gewarnt: Für den Zeitraum 20014 bis 2019 ergebe sich "eine äußerst angespannte Risikosituation für die Gesellschaft, die die Erfüllung aller Verpflichtungen aus den bestehenden Versicherungsverträgen ggf. in Frage stellt".