Süddeutsche Zeitung

Niedersachsen:Keine neuen Tierversuche

Die fragwürdigen Zustände in einem Labor der Firma LPT haben Folgen.

Von Katrin Langhans und Pia Ratzesberger

Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit stellt dem Hamburger Tierversuchslabor Laboratory of Pharmacology und Toxicology (LPT) vorerst keine Genehmigungen mehr für Tierversuche aus. Damit zieht die Behörde Konsequenzen aus den teils gesetzeswidrigen Zuständen der Tierhaltung im LPT-Labor im niedersächsischen Mienenbüttel. Alle bereits genehmigten und angezeigten Tierversuchsvorhaben werden zudem einer Plausibilitätsprüfung unterzogen. Mit ersten Erfolgen: In einigen Fällen wurden Abweichungen zwischen den Inhalten der Genehmigungen und den Gegebenheiten im Labor festgestellt, wie das Landesamt auf Anfrage der SZ mitteilt.

In der vergangenen Woche fand eine Sonderkontrolle des Landesamtes und der Harburger Veterinärbehörde im Hamburger Labor LPT statt. Hintergrund dafür ist, dass sich das Labor bei der Haltung seiner Tiere nicht immer an die Gesetze hält, wie die SZ und das ARD Magazin "Fakt" kürzlich berichtet hatten. "Das Chaos, die Fehlerhaftigkeit und die alltäglichen nicht zu rechtfertigenden Grausamkeiten an Tieren sind weder ethisch noch wissenschaftlich akzeptabel", sagt Friedrich Mülln von der "Soko Tierschutz". Auf Bildern, die ein Aktivist der Tierrechtsorganisation über mehrere Monate hinweg im Inneren des Labors aufgenommen hat, ist unter anderem zu sehen, dass Affen in viel zu kleinen Käfigen untergebracht sind und Tierpfleger teils grob mit den Tieren umgehen.

Nachdem das Veterinäramt durch die Anfrage von SZ und ARD von den Missständen erfahren hatte, forderte die Behörde das Labor kurz darauf bei einer ersten Kontrolle auf, die Affen aus den zu kleinen Käfigen zu nehmen. Bei der jüngsten Kontrolle seien die Käfige nun abmontiert gewesen, heißt es vonseiten des Veterinäramts. Die Behörde verlangt von dem Labor zudem künftig detaillierte Informationen zu Versuchsreihen und deren Durchführung. Das ist ungewöhnlich, da das Veterinäramt für die Kontrolle der Haltung der Tiere zuständig ist, nicht aber für die Genehmigung und Plausibilitätsprüfung der Versuche. Diese Aufgabe liegt beim Landesamt.

Das Veterinäramt kündigt zudem an, das Tierversuchslabor LPT in Mienenbüttel stärker zu kontrollieren. Bislang war die zuständige Behörde im Durchschnitt zweimal im Jahr an Ort und Stelle - künftig sollen die Kontrollbesuche "engmaschiger" stattfinden. Bei seinem jüngsten Besuch hat das Veterinäramt in dem Labor erneut "Mängel in der Tierhaltung" festgestellt.

Sowohl das Veterinäramt als auch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit haben eine Strafanzeige gegen das LPT gestellt. Grund dafür sind festgestellte Mängel bei der Haltung von Affen und Hunden.

Das LPT reagierte bis zum Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage der SZ.

In Hamburg haben am vergangenen Samstag mehr als 7000 Menschen gegen die Tierversuche im LPT demonstriert. Das Hamburger Unternehmen gilt als eines der größten privaten Tierversuchslabore in Deutschland. In der Außenstelle in Mienenbüttel wird die Wirkung von Medikamenten an Affen, Katzen und Hunden getestet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4649533
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.10.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.