New Yorker Bürgermeister will XXL-Soft-Drinks verbieten:Supernanny gegen Supersize

New York hat mit Gewichtsproblemen zu kämpfen. Bürgermeister Bloomberg will deshalb den Konsum von Cola, Pepsi & Co. einschränken: XXL-Drinks sollen in der Stadt verboten werden. Seine Kritiker nennen ihn "Kindermädchen", doch sollte Bloomberg sich durchsetzen, hätte der Schritt Signalwirkung im ganzen Land.

Moritz Koch

Michael Bloomberg präsentierte seine Beweismittel wie die Fundstücke einer Drogenrazzia: Pappbecher und Plastikflaschen, sorgfältig nach Größe sortiert, davor aufgeschichtete Pyramiden aus Würfelzucker. Zugegeben, an einem heißen Tag trinke auch er eine Cola, sagte New Yorks Bürgermeister den Reportern, die er am Mittwoch ins Rathaus geladen hatte. Dennoch müsse die Stadt handeln, es sei keine Zeit mehr zu verlieren. Bloomberg will die Maßlosigkeit verbieten und sagt der Getränkeindustrie den Kampf an.

New Yorker Bürgermeister will XXL-Soft-Drinks verbieten: Der Konsum von Softdrinks wie Cola und Pepsi soll in New York eingeschränkt werden, in Kinos, Restaurants, Fast- Food-Ketten und Stadien.

Der Konsum von Softdrinks wie Cola und Pepsi soll in New York eingeschränkt werden, in Kinos, Restaurants, Fast- Food-Ketten und Stadien.

(Foto: AFP)

Der Konsum von Softdrinks wie Coca Cola und Pepsi soll eingeschränkt werden, in Kinos, Restaurants, Fast-Food-Ketten und Stadien. Nur in Flaschen und Bechern mit weniger als 0,5 Liter Inhalt sollten die süßen Getränke hier noch angeboten werden dürfen, wenn die Vorschriften, für die sich der Bürgermeister stark macht, in einem Jahr in Kraft treten.

Schluss also mit XXL und Supersize.

In gewisser Weise zeigt die Initiative, wie weit New York in den vergangenen Jahrzehnten gekommen ist. Seine Vorgänger mussten sich noch mit Drogenepidemien herumschlagen; Bloomberg dagegen kann sich einer Wohlstandskrankheit widmen: der Fettleibigkeit. Ziemlich harmlos klingt das. Tatsächlich aber sind Gewichtsprobleme eine der größten Sorgen der Stadt, größer vielleicht, als es die Drogenseuche jemals war. Jeder zweite New Yorker ist übergewichtig oder fettsüchtig. Auch Kinder werden immer dicker. Experten warnen: Erstmals in der Geschichte der USA könnten Jugendliche eine geringere Lebenserwartung als ihre Eltern haben. Wer dick ist, hat ein deutlich höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Auch Diabetes-Leiden nehmen rasant zu. Schon 30-Jährigen müssen in New Yorker Kliniken Gliedmaßen amputiert werden. Entschlossene Maßnahmen seien daher dringend geboten, findet Bloomberg.

Angriffe auf Softdrinks seien eine "ungesunde Obsession" der Stadtbehörden, klagt dagegen ein Firmensprecher. Die Getränke-Lobby hat guten Grund, alarmiert zu reagieren. Das Schicksal der Zigarettenindustrie zeigt, was passiert, wenn Konzerne die Entschlossenheit der US-Gesundheitspolitiker unterschätzen. Für Konzerne wie Pepsi und Coca Cola steht viel auf dem Spiel.

In der Vergangenheit ist es der Industrie immer wieder gelungen, Gesetzesvorstöße der Bloomberg-Administration zu verhindern. So scheiterte eine geplante Sondersteuer auf Süßgetränke im Parlament von Albany, der Hauptstadt des Bundesstaats New York. Die Aufklärungskampagne, auf die die Stadt auswich, blieb weitgehend wirkungslos. Doch dieses Mal sieht es so aus, als habe Bloomberg einen Weg gefunden, den Cola-Herstellern das Geschäft zu verderben. Sein Vorstoß stützt sich auf die städtischen Entscheidungsbefugnisse über Gastronomiebetriebe.

Erhöht doch einfach die Preise!

Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet der Unternehmer Bloomberg die unternehmerische Freiheit in New York massiv beschneiden will. Bloomberg hat mit Datendiensten für Finanzunternehmen ein Milliardenvermögen angehäuft, die teuren Bloomberg-Terminals fehlen in keinem New Yorker Handelssaal. Dabei profitierte der Geschäftsmann Bloomberg indirekt auch davon, dass Banken, Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften lange, wenn überhaupt, nur schlampig reguliert wurden. Doch spätestens seit Bloomberg im Jahr 2009 seine dritte Amtszeit antrat und die Gesundheitspolitik zur Priorität erhob, hat er Gefallen am Erlass von Vorschriften gefunden. Für die Imbissbetreiber, die wegen des Größenlimits der Softdrinks sinkende Umsätze fürchten, hatte der 70-Jährige am Mittwoch noch einen Tipp parat: Erhöht doch einfach die Preise!

Ground Zero Workers Commemorate 10 Years After Official End Of Clean Up

Trinkt auch mal eine Cola und will Softdrinks dennoch verbieten: New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg.

(Foto: AFP)

Mit solch zynischen Bemerkungen wird Bloomberg seine Kritiker nicht besänftigen. Schon jetzt fühlen sich viele Bürger bevormundet. Als Nanny wird Bloomberg beschrieben, als Kindermädchen. Der Bürgermeister spiele sich zum obersten Erziehungsbeauftragten aller New Yorker auf, ereifern sich seine Kritiker. Seine Fürsorge nehme feudale Züge an. Der Milliardär, der sich gerade sein elftes Haus gekauft hat, wolle den einfachen Bürgern ihre Alltagsfreuden nehmen.

Für Bloomberg aber geht es nicht um Alltagsfreuden, ganz und gar nicht. Der süße Genuss ist ihm ein schädliches Laster und ein Hauptgrund für die Verbreitung der Fettleibigkeit. Die durchschnittliche Größe von Softdrinks in den USA nimmt immer weiter zu. Vielfach wird Cola in Bechern serviert, die in Europa als Aquarien durchgehen würden. Die materiellen Schäden sind massiv, ganz abgesehen vom menschlichen Leid. Einer Schätzung der Brookings Institution zufolge verlieren die USA jährlich 215 Milliarden Dollar durch Gesundheitsausgaben und Produktivitätseinbußen, die auf Fettleibigkeit zurückgehen.

Sollte sich Bloomberg durchsetzen, wäre New York die erste Stadt, die die Größe von Softdrinks beschränken würde. Der Schritt hätte Signalwirkung im ganzen Land. Schon in der Vergangenheit setzte New York mit Rauchverboten Standards, die andere Städte übernahmen. Bloomberg selbst macht keinen Hehl aus seinen nationalen Ambitionen. "Übergewicht ist ein landesweites Problem", sagt er. "Überall in den Vereinigten Staaten sitzen die Gesundheitsexperten tatenlos rum und klagen: Oh, das ist so furchtbar." Nur einer eben schreitet zur Tat: Michael Bloomberg, Bürgermeister und Supernanny.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: