New York:Gerangel am Ground Zero

Noch immer gibt es keinen Ersatz für das World Trade Center: Das größte Bauprojekt New Yorks versinkt im Chaos.

Von Andreas Oldag

Nun hat sich sogar der Immobilien-Tycoon Donald Trump zur Rettung des größten Bauprojekts von New York empfohlen: Er wolle das am 11. September 2001 durch Al-Quaida-Terroristen zerstörte World Trade Center (WTC) neu aufbauen, verkündete der Milliardär in der Boulevardzeitung New York Post.

New York: So soll der neue Freedom Tower einst aussehen.

So soll der neue Freedom Tower einst aussehen.

(Foto: Foto: AP)

Trump lieferte auch gleich die Begründung: Das bisherige Design des so genannten Freedom Tower, das ursprünglich von dem Architekten Daniel Libeskind entworfen worden war, sei ein Plan von Eierköpfen. Man solle von vorne beginnen, so der hemdsärmelige Trump, der sich immer gerne in Szene setzt, wenn in New York mal wieder nichts vorangeht.

Totale Blockade

Seit Monaten wird in der Stadt um das neue World Trade Center gestritten und gefeilscht. Trumps Intervention ist nur eine von vielen in einem fast endlosen Streit zwischen Immobilien-Entwicklern, Architekten und profilierungssüchtigen Stadtpolitikern.

Beim Gerangel um Macht und Moneten blockieren sich alle gegenseitig. Und im Finanzdistrikt Manhattans, dem Herz der Acht-Millionen-Einwohner-Metropole, erstreckt sich immer noch ein "leerer Canyon", höhnt das Wall Street Journal. Nicht ein Stahlträger sei bisher für den Freedom Tower, das neue 541 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt, herangeschafft worden.

Der geplante Bau des Wolkenkratzers, der die einst 411 Meter hohen Zwillingstürme ersetzen soll, wird immer stärker in Zweifel gezogen. Vor kurzem hat sich auch die New Yorker Polizeibehörde (NYPD) in die Debatte eingeschaltet: Das Gebäude stehe viel zu nahe an den umgebenden Straßen.

Es sei deshalb "zu sehr verwundbar durch einen Autobombenangriff", warnen die Behörden. Der Gouverneur des Bundesstaates New York, George Pataki, und Bürgermeister Michael Bloomberg hatten daraufhin erklärt, der Entwurf des Turms müsse gründlich überarbeitet werden.

Silverstein entmachten

Kritiker fragen sich allerdings, warum die Bedenken der Polizei jetzt erst auftauchen, nachdem der Grundstein für den Freedom Tower bereits im vergangenen Jahr gelegt wurde. Hinter dem Planungschaos kann sogar politisches Kalkül stecken: So wird gemunkelt, dass die Politiker Pataki und Bloomberg nach einem Anlass suchten, um den Investor Larry Silverstein, der das sechseinhalb Hektar große Gelände von der Stadt für 99 Jahre gepachtet hat, zu entmachten und die Planung zunächst der staatlichen Behörde Port Authority zu übertragen.

Dabei könnten die trickreichen Politiker auch das so genannte "Eminent Domain"-Gesetz anwenden, das in der amerikanischen Verfassung verankert ist. Es gibt lokalen Behörden das Recht, Privatbesitz für die öffentliche Nutzung zu beschlagnahmen, etwa für den Bau von Autobahnen oder Schulen. Zwar dementierte ein Sprecher Patakis, dass man überhaupt an das Beschlagnahmungsgesetz gedacht habe.

Nur: Das Verhältnis zwischen Pataki und Silverstein scheint nicht mehr ungetrübt zu sein. So wächst der Unmut über den 73-jährigen Investor, der nach Presseberichten offenbar Probleme hat, seine Versprechungen einzuhalten.

Silverstein hat zwar nach einem langen gerichtlichen Streit mit den Versicherungen für das zerstörte World Trade Center eine Entschädigung von 4,6 Milliarden Dollar zugesprochen bekommen. Doch das reicht für den Neubau nicht aus: Während die Baukosten für den Freedom Tower auf 1,5 Milliarden Dollar geschätzt werden, könnten sich die Kosten für das Ensemble auf zwölf Milliarden Dollar belaufen.

1,8 Milliarden Dollar von der Versicherungssumme sind bereits für Architekten- und Planungshonorare sowie angelaufene Kredite ausgegeben worden. Zudem soll Silverstein monatlich 1,25 Millionen Dollar für Managementleistungen seiner Firma Silverstein Properties kassieren.

Keiner will kommen

Ungewiss ist, ob sich genügend Firmen in dem Turm und den umliegenden Bauten ansiedeln werden. "Ground-Zero"-Investor Silverstein habe bisher - abgesehen von seiner eigenen Firma - keinen einzigen Mieter gefunden, schreibt die Daily News.

Wegen der "Vertrauenskrise" sei zusätzliches Geld erforderlich, um Firmen durch Subventionen in den Süden Manhattans anlocken zu können, sagt die Direktorin der stadteigenen Förderungsgesellschaft New York City Partnership, Kathryn Wylde.

Die New York Times kam außerdem auf die Idee, dass sich endlich mal alle Beteiligten an einem Tisch zusammensetzen sollten. Es sei ein Schande, dass es bislang noch nicht einmal die beteiligten Star-Architekten Daniel Libeskind, David Childs, Santiago Calatrava und Frank Gehry geschafft hätten, hieß es in einem Artikel.

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