New Work:Der Job, der zum Leben passt

Gipfelstürmer

Zum dritten Mal zeichnet der Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung mit dem Start-up-Wettbewerb „Gipfelstürmer“ die besten Gründer aus Deutschland aus. Die Ausschreibung läuft bis zum 31. August. Eine Jury aus Mitgliedern der SZ-Wirtschaftsredaktion wählt aus allen Bewerbern die sechs Finalisten aus. Diese dürfen im November am SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin teilnehmen und dort ihre Firma vorstellen. Die Teilnehmer des Gipfels küren den Sieger. Einzelheiten und Bewerbungen: www.sz-wirtschaftsgipfel.de/gipfelstuermer. SZ

Das Start-up Niuwork aus Hamburg möchte die Arbeitswelt revolutionieren. Auf seiner Plattform sind Jobangebote so formuliert, dass die Vorteile für den Bewerber im Vordergrund stehen.

Von Katharina Kutsche, Hannover

Im Betrieb zu arbeiten, wenn nötig, und von zu Hause arbeiten, wenn möglich - das wünscht sich jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland. Doch auch wenn viele Unternehmen die Arbeitszeit zunehmend flexibler gestalten, ist es für Bewerber schwer zu sehen, welche Firmen sich wirklich an solche Zusagen halten. Genau hier möchte Niuwork ansetzen.

Das Hamburger Start-up von Helen Wellmann ist eine Plattform für Stellenanzeigen, die die Vorteile für den Bewerber in den Mittelpunkt stellen. Wer auf der Website ein Jobangebot öffnet, bekommt in einer Kurzübersicht dargestellt, wie groß das Team ist, ob die Arbeitszeit flexibel, der Vertrag unbefristet ist. Darunter sind die Fähigkeiten, die Bewerber mitbringen sollten, in einem Kompetenz-Index gewichtet: langjährige Berufserfahrung etwa zu 100 Prozent wichtig, Englischkenntnisse zu 70 Prozent. Auch die Aufgaben sind anteilig eingeordnet, Konzepterstellung füllt etwa rund 90 Prozent des Arbeitstags aus, Budgetverwaltung nur 40 Prozent.

Die Kriterien in ungewohnte Muster einzuteilen, zwingt Arbeitgeber, genauer zu überlegen, was sie von einem Mitarbeiter erwarten, und dies auch so zu formulieren - keine Floskeln mehr, die kein Jobsuchender versteht. Die Firmen verpflichten sich, Mitarbeitern mindestens einen Tag mobiles Arbeiten, etwa im Home Office, zu bieten, vertraglich zugesichert. So lernen beide Seiten, Arbeitgeber und -nehmer, mit flexiblen Arbeitsweisen umzugehen, sagt Wellmann: "Viele Personaler verstehen im Gespräch, dass sie um Mitarbeiter werben müssen. Sie wissen aber nicht, wie."

Wellmann, 32, spricht aus Erfahrung. Sie arbeitete als Marketingleiterin, bis sie Mutter wurde. Zurück aus der Elternzeit fand sie keinen Job, der für sie flexibel genug war: Trotz Kind 40 Wochenstunden am Arbeitsplatz präsent sein, ist eben nicht optimal. Aus der Not heraus machte sich Wellmann mit einer Digital-Agentur selbständig, bietet Suchmaschinenoptimierung und digitale Strategien für Unternehmen. Im November 2017 gründete sie Niuwork, holte mit Eve Simon eine Freundin und Marketing-Expertin ins Start-up.

Auch Simon, 32, hatte hohe Ansprüche an ihren neuen Job, als sie von Kiel nach Hamburg zog. Doch ihre Motivation passte nicht zum Unternehmen, die Struktur war hierarchisch und unflexibel. Employer Branding, eine Strategie also, mit der sich Unternehmen als attraktive Arbeitgeber positionieren wollen, sei oft nur ein Schlagwort, sagt Simon: "Es wird selten gelebt und besteht nicht nur aus einem Kickertisch und einem Obstkorb." Also ließ sie sich bei Wellmann anstellen.

Das Start-up wird im Accelerator-Programm des "Hafven" in Hannover gefördert, einem von acht Start-up-Zentren Niedersachsens. Mentor von Niuwork ist Björn Waide, früherer Xing-Manager und Gründer von Smartsteuer. Derzeit hat die Plattform rund 50 Referenzkunden, seit Mai auch zahlende Kunden. Wellmann und Simon machen ihr Start-up auf Veranstaltungen und Messen bekannt, zuletzt waren sie auf der IT-Messe Cebit in Hannover und beim Start-up-Festival Waterkant in Kiel. Bei der B2B Nord - "der konservativsten Messe überhaupt", so Wellmann - schoben sie einen Kinderwagen über das Gelände. Anstelle eines Säuglings lag ein Schild im Wagen mit der Aufschrift "Dieser Platz bleibt leer. Ich habe mich für Karriere entschieden". Das sorgte für Aufmerksamkeit, viele Gespräche, neue Kontakte.

Zielgruppe des Start-ups sind Unternehmen, die bei der Personalgewinnung auch mal andere Wege gehen, etwa auf soziale Netzwerke setzen. Sie können für 179 Euro eine Anzeige im einfachen Paket schalten, das Premium Paket mit längerer Laufzeit für drei Jobangebote und Suchmaschinenoptimierung kostet 1800 Euro. Derzeit wird die Plattform noch querfinanziert von Wellmanns Agentur.

Der Name des Unternehmens soll klingen wie das Konzept moderner Arbeit: New Work. Der Begriff wurde von Frithjof Bergmann geprägt. Er beschreibt den Wandel von klassischen, meist starren Arbeitsstrukturen hin zu flexibler, eigenständiger Arbeit mit kreativen Freiräumen. Niuwork will eine Marke für Vordenker sein. Das spiegelt auch das Motto des Start-ups: "Stell dir vor, dein Job richtet sich nach deinem Leben."

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