Neues Sparprogramm:Kahlschlag bei Osram

Osram

Osram-Zentrale in München: Diesmal soll auch in Verwaltung, Marketing und Vertrieb gespart werden.

(Foto: Rene Ruprecht/dpa)

Osram greift erneut hart durch: Weil das Geschäft dramatisch einbricht, will die Lichtfirma rund 7800 Stellen abbauen, betroffen ist auch Deutschland. Dem Traditionsunternehmen macht der drastische Umbruch in der Branche zu schaffen.

Von Caspar Busse

Manchmal klingt es so, als sei Wolfgang Dehen, 60, selbst ein wenig über die Schnelligkeit des Wandels in seiner Branche überrascht. "Ehrlich gesagt, solche rasanten Veränderungen wie jüngst auf dem Lichtmarkt habe ich in meinem ganzen Berufsleben noch nicht gesehen", sagte der Vorstandsvorsitzende von Osram erst vor wenigen Monaten. Und Dehen hat bereits einiges erlebt: Er war in der Autozuliefererbranche tätig und danach zehn Jahre lang bei Siemens, unter anderem im Energiebereich.

Jetzt muss der Osram-Chef erneut hart durchgreifen: Er will in den kommenden drei Jahren 7800 Stellen im Konzern abbauen, darunter allein 1700 in Deutschland, und dadurch auf Dauer 260 Millionen Euro im Jahr einsparen. Es gehe darum, "unsere Stellung als führender Lichthersteller langfristig zu sichern", erklärte Dehen am Dienstagabend. Der Stellenabbau soll nach Angaben des Unternehmens "sozialverträglich" und in Absprache mit den Gewerkschaften erfolgen.

Nicht der erste Kahlschlag bei Osram

Derzeit beschäftigt die ehemalige Tochterfirma von Siemens weltweit noch knapp 34 000 Mitarbeiter, davon etwa 25 Prozent in Deutschland. Zur Disposition stehen also fast ein Viertel der Beschäftigten. Die Einschnitte seien notwendig, weil der klassische Leuchtmittel-Markt rapide schrumpfe und sich diese Entwicklung in den letzten Monaten nochmals beschleunigt habe, erklärte Osram.

Es ist nicht der erste Kahlschlag bei der Traditionsfirma, die mehr als hundert Jahre alt ist. Erst in den vergangenen drei Jahren hat Osram 8700 Stellen weltweit abgebaut, davon knapp 1500 in Deutschland. Das Programm mit dem Namen "Push" ist gerade erst weitgehend abgeschlossen worden. Nun kommt ein neues.

Am Dienstagnachmittag traf sich deswegen in München der Osram-Aufsichtsrat unter der Leitung des ehemaligen Infineon-Chefs Peter Bauer. Auf der Tagesordnung standen auch die Zahlen für das abgelaufene Quartal - und die sehen nicht gut aus. So ist das Geschäft mit herkömmlichen Leuchtmitteln um 14 Prozent zurückgegangen sein. Und der Trend wird, so die Erwartung des Osram-Managements, in den kommenden Quartalen anhalten. Gleichzeitig wächst das Geschäft mit neuen Produkten, beispielsweise mit LED-Leuchtdioden, nicht schnell genug, um den Einbruch zu kompensieren.

Zudem attackiert die Konkurrenz aus Asien die europäischen Anbieter, ein hoher Preisdruck ist die Folge. Nach Berechnungen der Beratungsfirma McKinsey wird 2017 fast die Hälfte des globalen LED-Geschäftes auf den Asien-Pazifik-Raum entfallen. Gerade erst hat Osram eine neue Fertigung in China eröffnet, um künftig in Asien präsent zu sein und vom dortigen Wachstum profitieren zu können.

Osram steht unter Druck

Osram ist also unter Druck. Ende März erst musste die Umsatzprognose überraschend gesenkt werden. Anfang Juni dann verließ Technikvorstand Peter Laier, 45, der als möglicher Kronprinz von Dehen galt, im Streit das Unternehmen. Die Chemie mit dem Vorstandschef habe nicht gestimmt, heißt es. Auch die Börse ist skeptisch: Die Osram-Aktie war bis zum Frühjahr in der Euphorie auf 50 Euro gestiegen, nun ist sie auf etwa 34 Euro zurück gefallen. Und jetzt also ein weiterer konzernweiter Stellenabbau: Die Unruhe ist groß.

Dass es hart werden könnte, zeigte sich bereits Anfang Juni. "Es wird weitere Kapazitätsanpassungen im traditionellen Lichtgeschäft geben. Stellenabbau ist in solchen Fällen ein bedauerlicher, aber notwendiger Teil", hatte Dehen damals gesagt. Dass die Reduktion aber so drastisch ausfallen würde, war nicht zu erwarten.

Drastischer Umbruch in der Branche

Betroffen sind die Produktionsstätten von Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren, in Deutschland sind das die Standorte in Berlin und Augsburg, heißt es. Anders als beim ersten Sparprogramm werde nun aber auch in der Verwaltung, im Marketing und im Vertrieb gespart. Wie genau sich der Stellenabbau regional aufteilt, ist noch offen. Osram machte zuletzt rund 5,3 Milliarden Euro Umsatz, bei einem ziemlich geringen Gewinn, der aber 2014 wieder steigen soll.

Vor gut einem Jahr hatte sich Siemens von der Mehrheit an Osram getrennt. Die Lichtfirma ging an die Börse, die Siemens-Aktionäre erhielten nach einem Schlüssel die neuen Osram-Aktien. Der Siemens-Konzern selbst ist noch mit knapp 20 Prozent beteiligt. Ein Verkauf mit gleichzeitiger Milliardeneinnahme für Siemens war zuvor gescheitert.

Grund unter anderem: Der Sanierungsbedarf bei Osram. Hintergrund ist der drastische Umbruch in der Branche, der nicht nur Osram, sondern zum Beispiel auch Philips und General Electric (GE) trifft. Herkömmliche Glühbirnen wurden nach und nach verboten, auch Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen werden immer weniger verkauft. Gleichzeitig steigt die Nachfrage etwa nach LED-Leuchtmitteln. Dafür sind aber hohe Investitionen erforderlich, die Technik ist eine ganz andere.

Gleichzeitig arbeitet Dehen eigenen Angaben zufolge an einer neuen Strategie für Osram. Man könnte künftig beispielsweise auch in das Geschäft mit Infrarot-Systemen einsteigen oder in die Wasseraufbereitung, heißt es.

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