Süddeutsche Zeitung

Neues Gesetz:Umzug leichter gemacht

Ab sofort müssen Banken ihre Kunden unterstützen, wenn sie ihr Konto wechseln wollen. Noch ist aber unklar, ob sie für die Leistung Gebühren verlangen werden. Und kleine andere Hürden beim Kontowechsel bleiben auch künftig bestehen.

Von Felicitas Wilke

Zahlungskontengesetz. Das klingt sperrig, bürokratisch und nicht eben verbrauchernah. Tatsächlich stecken hinter dem Gesetz aber Regelungen, die im Sinne vieler Bankkunden sein könnten. Denn aufgrund dieses Gesetzes müssen Banken es von diesem Montag an ihren Kunden erleichtern, mit dem Konto zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Damit tritt nach dem Basiskonto, das seit Juni gilt, der zweite Teil der Richtlinie zu Zahlungskonten in Kraft.

Bislang verhalten sich Bankkunden hierzulande ziemlich loyal. Nur jeder vierte Deutsche hat sein Girokonto schon einmal gewechselt. Das zeigen Zahlen, die der IT-Branchenverband Bitkom vor einigen Monaten erhoben hat. Das liegt auch daran, dass es aufwendig war, das Konto zu wechseln. "Bisher mussten die Bankkunden ihren Arbeitgeber, die Versicherung und andere regelmäßige Zahlungspartner selbst über die neue Bankverbindung informieren", sagt Christian Urban von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Keine schwierige, aber eine mühsame Fleißarbeit sei das gewesen. Schließlich mussten die Verbraucher sichergehen, dass das Gehalt nahtlos auf dem neuen Konto eingeht und Daueraufträge oder Lastschriftmandate für die Miete weiterlaufen.

Das neue Gesetz sieht vor, dass die Banken Kunden zügig dabei unterstützen müssen, das Konto zu wechseln. Sobald der Verbraucher der künftigen Bank gemeldet hat, dass er zu ihr wechseln möchte, muss diese das Formular innerhalb von zwei Tagen an die bisherige Bank weiterleiten. Das Institut hat fünf Tage Zeit, um dem neuen Anbieter alle Transaktionen der vergangenen 13 Monate zu melden. Die neue Bank bekommt weitere fünf Tage, um den Zahlungspartnern die neuen Kontodaten mitzuteilen. Was vorher der Kunde tun musste, erledigt nun die Bank, wenn er sie dazu ermächtigt. Auch die Fristen sind neu. Bislang konnte es sich über Wochen hinziehen, bis der Umzug zum neuen Anbieter vollzogen war. Ab jetzt haften die Banken, wenn es länger als zwölf Tage dauert.

Dass das Gesetzt jetzt in Kraft tritt, könnte vielen Verbrauchern gelegen kommen. Denn zuletzt verkündeten immer mehr Banken, künftig Gebühren für viele Kontomodelle zu verlangen. Einige Institute wie die Postbank berechnen bald einen monatlichen Grundpreis, bei anderen fällt je Überweisung in Papierform ein fester Betrag an. Weil Produkte wie die Kreditkarte oft extra bezahlt werden müssen, kann ein Konto schnell mehr als 100 Euro pro Jahr kosten. Viele Direktbanken bieten hingegen noch immer kostenlose oder vergleichsweise günstige Konten an - vorausgesetzt, die Kunden sind bereit, ihre Bankgeschäfte im Internet zu erledigen.

Ob sich das neue Gesetz auf das Kundenverhalten auswirken wird, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen, heißt es bei der Postbank. Eine Gebühr werde man von den Kunden aber nicht verlangen, wenn sie wechseln wollen. Wie andere Banken es handhaben werden, wird sich zeigen. Die Richtlinie lässt den Instituten offen, ob sie sich den erhöhten Aufwand etwas kosten lassen. Sie hält nur fest, dass der Preis "angemessen" sein muss.

Neben möglichen Kosten könnte es für Bankkunden auch in Zukunft eine Hürde geben, glaubt Verbraucherschützer Urban. "Das Formular, das sie ausfüllen müssen, ist drei Seiten lang und recht kompliziert", beklagt er. Es erinnere an eine Steuererklärung. Gerade Banken, die Neukunden werben wollen, hätten zwar ein Interesse daran, das Formular übersichtlich zu gestalten. "Aber sie müssen sich auch an die rechtlichen Vorgaben halten", sagt Urban. Schon jetzt versuchen einige Banken, neue Kunden mit Wechselprämien für sich zu gewinnen. Das sollte aber nie ausschlaggebendes Kriterium sein, findet Urban. "Denn häufig sind diese Prämien an Bedingungen geknüpft", sagt er. Zum Beispiel an Zahlungen, die in einer bestimmten Höhe eingehen müssen. Letztlich, sagt Urban, müssten Verbraucher prüfen, wie und wofür sie ihr Konto nutzen und wie viel diese Leistungen bei welcher Bank kosten. Diese Fleißarbeit bleibt.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2016
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