Wenn Sara Wolf und Milena Glimbovski den Einkaufswagen durch einen Supermarkt in Berlin schieben, ist ihre Stirn dauergerunzelt. Die beiden rollen mit einem wachsenden Müllberg durch den Laden. Die Tomaten sind in Cellophan verpackt, das Duschgel in Flaschen, die Süßigkeiten sogar stückweise. "Die Verpackung wiegt mehr als die eigentliche Ware", ärgert sich Wolf und wirft die Fruchtgummis wieder zurück ins Regal.
Würden die zwei Frauen nach ihrem Einkauf alle Produkte aus ihrer Verpackung schälen, der Mülleimer am Ausgang des Supermarkts wäre voll. Glimbovski hebt eine Gurke hoch und sagt: "Die Natur hat die Gurke doch schon eingepackt. Was soll dieser Extra-Plastikumzug? Das ist doch albern."
Glimbovski, 24 Jahre alt, beschäftigt das Thema schon lange. Die frühere Studentin der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation hat bei Veganz gearbeitet, einer Supermarktkette für vegane Produkte. Dort gibt man sich zwar durchaus umweltfreundlich - und dennoch: Auf viele Verpackungen könnte man auch dort verzichten.
Viele Verpackungen sind überflüssig
Ihre Kollegin Sara Wolf, 30 Jahre alt, war bei Fairtrade Luxemburg und hat sich dort um das Siegel für fair gehandelte Produkte gekümmert. Beide wollen, dass die Albernheit, die zu extra verpackten Gurken führt, aufhört. Sie wollen einen Supermarkt eröffnen, der auf unnötigen Müll verzichtet.
Die Produkte sollen keine Verpackung mehr haben, sondern in Behältern gelagert werden. Erbsen, Öle, Mehl, Duschgel, Nudeln; in ihrem Laden soll all das zu kaufen sein und in der jeweils gewünschten Menge abgefüllt, abgewogen und bezahlt werden.
Ihr Konzept - in der Fachwelt gibt es dafür den Begriff "Precycling" - habe zwei Vorteile, erklärt Glimbovski: Erstens wird auf diese Weise der Verpackungsmüll beim Einkaufen weitgehend vermieden, und zweitens kaufen die Leute nur die Menge ein, die sie wirklich brauchen. So landen später vielleicht auch weniger Lebensmittel im Müll, die schlicht vergammelt sind.
Seit gut einem Jahr arbeitet das Team "Original Unverpackt" an dieser Idee, seither haben die Frauen viele Fans, Presseanfragen und vor allem Menschen, die in diesem Supermarkt in spe einkaufen wollen.
Der Charme der Idee erklärt sich anhand von zwei Zahlen, die den Begriff der Wegwerfgesellschaft verdeutlichen. Zahl Eins: Pro Tag landen acht Millionen Müll-Teile - Kanister, PET-Flaschen, Zahnbürsten - in den Weltmeeren, schätzt die Naturschutzorganisation WWF. Drei Viertel davon sind aus Plastik. Zahl Zwei: 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verderben jährlich - das entspricht einem Drittel der weltweiten Produktion.
Noch steht der Laden nicht, doch das Team wurde schon mehrfach ausgezeichnet. Zum Beispiel mit dem Preis "Bester Businessplan Berlin-Brandenburg", mit einem Innovationspreis und mit einem Stipendium, das vom Softwarekonzern SAP und dem Bundesfamilienministerium vergeben wird.