Neuer Konzern aus VW und Porsche:Sieg auf der ganzen Linie

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Hoher Euphoriepegel: Nachdem der geplante VW-Porsche-Konzern Konturen annimmt, sehen sich alle Beteiligten als Gewinner. Das Management spuckt große Töne - die Belegschaftsvertreter loben sich selbst.

Als Dämpfer könnten es höchstens die Familien Porsche und Piëch empfinden, dass sie an dem neuen VW-Konzern die Mehrheit verlieren werden. Nach dem Zusammenschluss von VW und dem Sportwagenhersteller wird den beiden Clans zwischen 35 und 39 Prozent des neuen Autokonzerns gehören. "In dieser Größenordnung wird es sein", sagte VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch in Wolfsburg.

Wolfgang Porsche (rechts) und Ferdinand Piech sind die bekanntesten Vertreter der zwei Familienstämme, die auf den Autopionier und VW-Konstrukteur Ferdinand Porsche zurückgehen. (Foto: Foto: dpa)

Bislang hält die den Familien gehörende Porsche SE noch 52 Prozent der VW-Aktien.

Die genauen Kapitalanteile an dem fusionierten Unternehmen würden aber erst im Zuge der Verschmelzung nach genau festgelegten Kriterien ermittelt, sagte Pötsch weiter.

Das Emirat Katar werde mit einem "substanziellen Anteil dritter großer Aktionär bei VW werden", sagte Pötsch weiter. Der Anteil des Emirats werde "leicht unter der Größenordnung von Niedersachsen" liegen. Das Land hält etwas mehr als 20 Prozent der VW-Aktien.

Milliardenschwere Kapitalerhöhung

Zur Finanzierung des Einstiegs bei Porsche kündigte Pötsch durch Ausgabe von VW-Vorzugsaktien eine Kapitalerhöhung von "rund vier Milliarden Euro" an. "Wir planen eine Erhöhung des Vorzugskapitals mit Bezugsrecht im ersten Halbjahr 2010", sagte er.

Für die Kapitalerhöhung werde Volkswagen noch in diesem Jahr eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Im Zuge der Fusion sei außerdem geplant, die Porsche-Vorzugsaktien in VW-Vorzugsaktien umzuwandeln. "Die Porsche-Vorzugsaktionäre können stattdessen VW-Vorzugsaktien bekommen", sagte Pötsch.

Für den Kauf des Autohandels der Porsche Holding in Salzburg wird Volkswagen den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch nach Angaben von Pötsch 3,55 Milliarden Euro zahlen. Die Porsche Holding Salzburg ist der größte Autohändler Europas und überaus profitabel.

Einigung mit Katar steht bevor

Nach der Entschuldung des Automobilhandelshauses würden vom Kaufpreis rund "drei Milliarden übrigbleiben", sagte Pötsch. Dieses Geld stehe den Eigentümerfamilien dann für eine Kapitalerhöhung bei Porsche zur Verfügung.

Die Verhandlungen von Porsche mit Katar über die Übernahme von VW-Aktienoptionen durch das Emirat bezeichnete Pötsch als weit fortgeschritten. Die Investoren aus Katar landeten am Freitag auf dem Stuttgarter Flughafen und wollten sich anschließend mit Porsche-Aufsichtsratschef und VW-Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche treffen.

Auch die Arbeitnehmer sollen an dem neuen Konzern beteiligt werden. Der Vorsitzende des VW-Gesamtbetriebsrats, Bernd Osterloh, sagte, die Beteiligung der Mitarbeiter werde sich "zwischen ein und fünf Prozent" bewegen.

Die Mitarbeiterbeteiligung solle über eine Stiftung, einen Verein oder eine Genossenschaft organisiert werden. Einen Zusammenhang zwischen den kommende Woche beginnenden VW-Tarifverhandlungen und der Finanzierung der Beteiligung gebe es nicht.

Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück betonte, dass auch die Porsche-Beschäftigten künftig an dem integrierten VW-Porsche-Konzern beteiligt würden. Das konkrete Konzept werde in den kommenden Wochen ausgearbeitet.

Hück, der auch Porsche-Aufsichtsratsvize ist, kündigte zudem an, dass das VW-Gesetz nach der Verschmelzung auch für Porsche gelten werde. Damit würden die Beschäftigten vor Schaden geschützt.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie die Kartellbehörden den Zusammenschluss von Volkswagen und Porsche bewerten.

Osterloh bezeichnete den Einstieg von Volkswagen bei Porsche als großen Sieg der Belegschaft. "Wir haben es verhindert, dass wir nach Heuschrecken-Manier geschluckt und zerschlagen werden", sagte Osterloh bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg.

Die Belegschaft habe die Angriffe von Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking auf das VW-Gesetz, die Mitbestimmung und die Unternehmenskultur abgewehrt. "Es hat sich gelohnt, wir waren auf ganzer Linie erfolgreich."

Stolz auf den "Mythos Porsche"

Osterloh betonte, bei der Grundlagenvereinbarung zwischen VW und Porsche gebe es nur Gewinner. Porsche bleibe Porsche, Volkswagen bleibe Volkswagen.

Die Porsche-Beschäftigten seien zu Recht stolz auf den "Mythos Porsche". Das Herz des VW-Konzerns schlage auch weiterhin in Wolfsburg. Osterloh betonte, die Eigentümerstruktur sei noch stabiler geworden. VW sei auf Jahrzehnte gegen den Angriff von "Heuschrecken" geschützt.

Im Aufsichtsrat von VW könne nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit über die Errichtung und Verlegung von Standorten beschlossen werden. Gegen die Arbeitnehmervertreter könnte daher künftig auch bei Porsche keine Standortentscheidungen getroffen werden.

Unterdessen signalisierten die Kartellbehörden, dass sie der Übernahme Porsches durch Volkswagen keine Hindernisse in den Weg legen wollen.

Noch nicht einmal anmeldepflichtig

Das Zusammengehen sei vermutlich noch nicht einmal anmeldepflichtig. Dafür müsste ein "Kontrollerwerb" vorliegen, was aber nicht der Fall zu sein scheine, sagte eine Sprecherin des Bundeskartellamtes. Ohnehin wäre das Vorhaben, wenn überhaupt, von der Europäischen Kommission zu prüfen. Diese hat bereits im vergangenen Jahr entschieden, dass dem Zusammenschluss nichts im Wege steht.

In einer Mitteilung von 23. Juli 2008 heißt es, es sei nicht zu erwarten, dass ein Zusammengehen der beiden Autohersteller den wirksamen Wettbewerb im europäischen Wirtschaftsraum oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich beeinträchtigen werde.

Während Volkswagen eine breite Palette verschiedener Gattungen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen herstelle, habe sich Porsche auf Sportwagen und Geländewagen, sogenannte SUV, spezialisiert, erklärten die europäischen Wettbewerbshüter: "Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die aus dem Rechtsgeschäft erwachsenden horizontalen Überschneidungen zwischen Volkswagen und Porsche begrenzt sein werden und es auf allen betroffenen Teilmärkten weiterhin starke Konkurrenten mit erheblichen Marktanteilen geben wird."

Das Zeug zur Nummer Eins

Dessen ungeachtet ist das VW-Management überzeugt davon, den neuen Konzern zu einem Kraftfeld der weltweiten Automobilindustrie formen zu können. "Der Konzern hat sicher das Zeug dazu, die Nummer Eins zu werden", sagte VW-Chef Martin Winterkorn. Der Konzern habe eine beispiellose Modellpalette, globale Präsenz und höchste Technologiekompetenz. Der weltgrößte Autobauer ist bislang Toyota.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/dpa/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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