Neuer Chef der Eurogruppe:Ein "Ronaldo" für Europa

Neuer Chef der Eurogruppe: Der neue Eurogruppen-Präsident: Mário Centeno, der portugiesische Finanzminister

Der neue Eurogruppen-Präsident: Mário Centeno, der portugiesische Finanzminister

(Foto: AP)

Schäuble hält den portugiesischen Finanzminister Centeno für den Weltfußballer der Eurogruppe. Der neue Chef muss die unterschiedlichen Interessen von Nord- und Südeuropa in Einklang bringen.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Jeroen Dijsselbloem war sich offenbar schon sicher, wer sein Nachfolger wird. Kurz vor Beginn der Sitzung der Euro-Finanzminister am Montag sah es so aus, als habe sich der Niederländer verplappert. "Ich bin bis zum 12. Januar Vorsitzender und Mário Centeno dann ab 13. Januar", sagte Dijsselbloem, hielt kurz inne, um dann noch schnell hinzuzufügen: "Habe ich Mário Centeno gesagt? Denn das weiß ich natürlich überhaupt nicht." Etwa vier Stunden später wählten die Minister dann den Portugiesen für zweieinhalb Jahre zum neuen Eurogruppen-Chef.

Centeno setzte sich in geheimer Wahl gegen die drei Mitbewerber aus Luxemburg, Lettland und der Slowakei durch. Der Sozialdemokrat hatte sich bereits vor dem Treffen siegesgewiss gezeigt. "Ich bin in einer guten Position", sagte Centeno. Nun gehe es darum, dass die Euro-Zone ihre gute wirtschaftliche Lage nutze und einen Konsens für die Zukunft der Währungsunion finde, erklärte der Finanzminister aus Lissabon.

Interessen zwischen Nord und Süd ausbalancieren

Mit der Wahl des Portugiesen hat erstmals ein Südeuropäer den Vorsitz der Eurogruppe inne. Centeno legte am Montag aber Wert darauf, dass er sich als Mann eines gesamteuropäischen Konsens verstehe. Das dürfte auch seine wichtigste Aufgabe sein: Als Vorsitzender der Euro-Finanzminister wird er die unterschiedlichen Interessen zwischen Nord und Süd ausbalancieren müssen. Auf der Agenda steht ein Reformprozess der Euro-Zone, den er mit zu steuern hat. "Der Erfolg des neuen Präsidenten wird sich daran festmachen, ob es ihm gelingt, zwischen Deutschland und Frankreich zu vermitteln - und am Ende einen möglichst breiten Kompromiss zu finden", sagte ein EU-Diplomat.

Wie schon bei der Wahl Dijsselbloems vor fast fünf Jahren gibt es in der Eurogruppe auch diesmal Zweifel an der Führungsstärke des neuen Präsidenten. Der Niederländer Dijsselbloem übernahm den Job mitten in der Schuldenkrise im Jahr 2013 und war anfangs überfordert. Zuletzt erhielt er allerdings für seine ruhige und präzise Führung von etlichen Seiten Lob; seine Kollegen hoben insbesondere sein Management der Griechenland-Krise hervor. Die Mehrheit der Euro-Finanzminister hätte ihn gerne als Präsidenten behalten, doch seine sozialdemokratische Partij van de Arbeid (PvdA) ist nicht mehr Teil der neuen Regierung in Den Haag.

Portugal ist nicht mehr auf die Unterstützung anderer Staaten angewiesen

Eines bleibt allerdings mit der Wahl Centenos unverändert: Auch der neue Eurogruppen-Chef ist ein Sozialdemokrat. Angesichts der Brüsseler Macht-Arithmetik hatten die Christdemokraten auf einen eigenen Kandidaten verzichtet; ihre Parteifreunde besetzen bereits die Spitzenposten der EU-Kommission, des Europäischen Rates und des Europaparlaments.

Centeno ist seit 2015 Finanzminister in Lissabon, zuvor arbeitete er bei der portugiesischen Zentralbank. Mit ihm wird nun ein Vertreter eines ehemaligen "Programmlandes" Eurogruppen-Chef. Portugal war in der Finanzkrise auf Kredite des Euro-Rettungsfonds angewiesen. Der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier wertete Centenos Wahl auch als "Anerkennung für harte Reformen, die Portugal unternommen hat, um die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts wieder einzuhalten".

Sein Berliner Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble hatte Centeno einst in Anspielung auf den Weltfußballer aus Portugal als "Ronaldo der Eurogruppe" gelobt. Der Mann aus Lissabon wird sich rasch beweisen müssen. Bei ihrem Treffen am Montag bereiteten die Finanzminister den Euro-Sondergipfel vor. In zehn Tagen wollen die Staats- und Regierungschefs in Brüssel über eine Reform der Währungsunion beraten. EU-Ratspräsident Donald Tusk strebt bereits für Juni 2018 konkrete Ergebnisse an.

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