Neuer Chef bei Bertelsmann:Der stille Macher als Zukunftshoffnung

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Der Bertelsmann-Aufsichtsrat ist der Empfehlung der Eigentümer-Familie Mohn gefolgt und machte Hartmut Ostro- wski zum neuen Boss. Ein Porträt.

Hartmut Ostrowski ist ein Mann, von dem viele sagen, man könne von ihm getrost einen Gebrauchtwagen kaufen - anständig, ehrlich, gerade heraus.

Hartmut Ostrowski wird ab 2008 die Geschicke des Bertelsmann-Konzerns leiten. (Foto: Foto: dpa)

"Er ist kein Schauspieler", heißt es bei Bertelsmann über den neuen Chef. Mit dem 48-Jährigen aus Bielefeld führt von 2008 an wieder ein waschechter Ostwestfale Europas größten Medienkonzern.

Der Aufsichtsrat folgte am Freitag dem Vorschlag der Eigentümerfamilie von Firmenpatriarch Reinhard Mohn und seiner Ehefrau Liz und machte Ostrowski zum Nachfolger des bisherigen Konzernchefs Gunter Thielen. Dieser wird am 4. August 65 Jahre alt und wechselt zum Ende des Jahres in den Aufsichtsrat.

Eigengewächs des Unterhaltungs-Konzerns

Ostrowski ist ein Eigengewächs von Bertelsmann. Schon 1982, im Alter von 24 Jahren, kam der junge Betriebswirt aus Bielefeld in die Nachbarstadt Gütersloh. Er machte schnell Karriere in der Bertelsmann Distribution. 1988 folgte ein kurzes Gastspiel in München als Geschäftsführer von Security Pacific Eurofinance, ehe er zwei Jahre später wieder zu Bertelsmann zurückkehrte.

Die Karriere ging weiter steil bergauf, bis Ostrowski 2002 am Etappenziel ankam. Er erbte von seinem Ziehvater Gunter Thielen den Vorstandsvorsitz bei der Druck- und Dienstleistungssparte Arvato und bekam einen der begehrten und ausgesprochen gut dotierten Sitze im Vorstand der Bertelsmann AG.

"Einfach machen!" lautet das Motto des Familienvaters, der nach außen so zurückhaltend wirkt, aber als ausgesprochen durchsetzungsstark beschrieben wird. Bei internen Sitzungen soll er das offene Wort lieben. Als Zeichen dafür, so wird kolportiert, zieht Ostrowski gerne einen hölzernen Fisch aus der Jacke und legt ihn auf den Tisch. "Put the fish on the table!" ist die Losung dafür, dass jeder Teilnehmer nun aussprechen soll, was er wirklich denkt.

Unterstützung der Mohn-Familie

"Hartmut Ostrowski steht für exzellentes Unternehmertum, für wirtschaftlichen Erfolg und nicht zuletzt repräsentiert er mit seinem partnerschaftlichen Führungsstil die bewährte Bertelsmann- Unternehmenskultur", schrieben Liz und Reinhard Mohn am Freitag in einem Statement.

Ostrowski ist ein wenig so wie sein Unternehmen Arvato - ein Dienstleister durch und durch. "Dienen und leisten" hat er als Devise für seine Mitarbeiter ausgegeben. Wie er selbst ist die Sparte nicht das glitzernde Sternchen, sondern eher der heimliche Star im Konzern.

"Unsere Stars sind unsere Kunden", sagt er. Nach außen kaum bekannt, gilt die Sparte als Ideenschmiede und Gewinnbringer, als Wachstumsmaschine und Faustpfand für die Zukunft. Konzernchef Gunter Thielen hatte mehrfach erwähnt, sein Nachfolger müsse sich besonders mit den Neuheiten der Medienbranche auskennen, einer neuen Generation von Mediennutzern Lösungen anbieten können. Das Internet spiele dabei eine besondere Rolle, jedoch dürften klassische Felder nicht vernachlässigt werden.

Vielseitige Arvato

Eine Anforderung, die wie gemacht erscheint für Ostrowski. Vom klassischen Offset-Druck bis zur Telefonauskunft ("1 18 18"), vom Handy-Klingelton, über die multimediale Computerplattform "GNAB" bis hin zu komplexen logistischen Gesamtlösungen, etwa für die Bahn-Card, das Vielflieger-Programm der Lufthansa oder gar für einen ganzen Landkreis im englischen East Riding: Man möchte meinen, es gibt kaum etwas, was Arvato nicht macht.

Mehr als die Hälfte aller DAX- Unternehmen und viele weitere gute Adressen der deutschen und internationalen Wirtschaft pflegen Kundenbeziehungen zu Arvato. "Wir sind die Outsourcing-Weltmeister", sagte Ostrowski einmal.

Wenn der 48-Jährige am kommenden Dienstag beim Management-Meeting in Berlin als designierter Konzernchef vor knapp 700 seiner Kollegen tritt, wird er wie immer eher die leisen Töne wählen. Er ist kein Entertainer auf der großen Medienbühne.

Für den leidenschaftlichen Fußball-Fan und Mallorca-Liebhaber sprechen die nüchternen Arvato- Zahlen: 47 000 Mitarbeiter in 37 Ländern der Welt, 270 Tochterunternehmen, rund fünf Milliarden Euro Jahresumsatz und 341 Millionen Euro operativer Gewinn.

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