Neue Regeln für Finanzbranche:Europäisches Parlament deckelt Banker-Boni

Friss die Hälfte: Das Europaparlament hat beschlossen, dass Boni für Banker nur noch maximal 50 Prozent von deren Einkommen ausmachen dürfen. So soll die Finanzbranche daran gehindert werden, die Wirtschaft erneut an den Abgrund zu spekulieren. Die Bankenlobby ist dieses Mal gescheitert.

Seinen Bonus kassierte der Bezwinger der Banken in Form von Lob. Kaum ein Abgeordneter, der Othmar Karas, dem Vizepräsidenten des Europaparlamentes in Straßburg, nicht gedankt hätte. Im Eineinhalb-Minuten-Takt, einer nach dem anderen, äußerten sich Dutzende von Abgeordneten in praktisch allen Sprachen Europas. Der Österreicher Karas sei ein "fleißiges Eichhörnchen", der die harten Nüsse knacke, er führe endlich den "Kulturwandel" in jener Branche herbei, die die Weltwirtschaft mit ihren Fehlspekulationen an den Rand des Kollaps führte: in der Finanzbranche. Karas habe die neuen Regeln für Banken, die Boni begrenzen, maßgeblich vorangetrieben, gegen den Widerstand von Großbritannien.

An diesem Dienstag hat das Parlament mit deutlicher Mehrheit die erfolgsabhängigen Zahlungen an Banker gedeckelt. Von 2014 an dürfen sie nur noch so hoch sein wie das feste Grundgehalt, also maximal die Hälfte des Gesamteinkommens ausmachen. Nur in Ausnahmefällen sollen dann noch Aktionäre der Bank einen Bonus in doppelter Höhe des Festgehaltes billigen dürfen. So wollen die Abgeordneten verhindern, dass die Banker exzessive Risiken eingehen.

Maßlose Boni gelten als Mitauslöser der Finanzkrise, weil sie Banker zu gefährlichen Geschäften verleitet haben. Denn je höher das Risiko, desto höher die möglichen Gewinne - und damit die erfolgsabhängigen Boni. Vor allem Investmentbanker gehen immer wieder riskante Wetten ein. Als die Blase platzte, verloren die Banken Milliarden. Hinzu kommt ein politisches Argument. Hohe Bonuszahlungen sind bei den Wählern gerade in Zeiten milliardenschwerer Rettungspakete für Staaten und marode Banken unpopulär.

Die Bonus-Grenze ist Teil neuer Auflagen, die Banken - und damit letztlich die gesamte Wirtschaft - vor dem Zusammenbruch schützen sollen. Das Reformpaket namens Capital Requirements Directive (CRD IV) verpflichtet die Banken auch dazu, mehr Eigenkapital bereitzuhalten, um besser gegen Krisen gewappnet zu sein. CRD IV ist die Umsetzung von Basel III, der Empfehlungen des Basler Bankenausschusses, in dem Finanzvertreter der Industrie- und Schwellenländer sitzen.

Die neue Deckelung ist eigentlich eine Nachbesserung. Es gibt bereits eine EU-Richtlinie zu den Boni, doch die CRD III - erlassen unter dem Eindruck der Finanzkrise - setzte bei der Beschränkung der Boni vor allem auf die Eigenverantwortung der Banken. Der liberale Schwede Olle Schmidt warf den Bankern in der Debatte "Schwerhörigkeit" vor. Wer nicht hören will, muss fühlen: So ist die aktuelle Stimmung im Europäischen Parlament. Deshalb werden den Banken nun verbindliche Vorschriften gemacht. Ausgenommen sind allerdings Manager von Schattenbanken - Hedgefonds und anderer Investmentfirmen, die nicht als Banken gelten. Auch für sie wollen die Parlamentarier aber bald Bonus-Regeln einführen.

Besonders Großbritannien hatte versucht, die Regeln im Sinne der Bankenlobby abzumildern. Premier David Cameron schaltete sich ein und pochte auf Rücksicht für die besonderen Bedürfnisse Londons als Finanzhandelsplatz. Wegen der Boni-Grenzen könnten Top-Banker anderswo anheuern, so das Argument. Nachdem die EU Ende Februar den neuen Regeln zugestimmt hatte, spottete ein Finanzberater: "Es ist ein guter Tag für die Bürgermeister von Mumbai und Hongkong." In vielen Fällen würden ihre Boni aber auch dort gedeckelt sein: Die Regeln werden nämlich nicht nur für ausländische Banken in der EU gelten, sondern auch für europäische Banken außerhalb der Union.

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