Dem deutschen Gesetzgeber war die hiesige Fantasieschmuck-Branche bislang herzlich egal. Allzu viel Modeschmuck wird hierzulande ohnehin nicht hergestellt, die Konkurrenz aus Fernost ist stark. Weshalb aber der Fantasieschmuck nun doch in einem Gesetz landet: in jenem zur Förderung erneuerbarer Energien.
Denn ähnlich wie die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, die Werkzeug- und Uhrenhersteller stehen auch die Modeschmuck-Hersteller im scharfen internationalen Wettbewerb. Und als solche dürfen sich die Unternehmen unter bestimmten Bedingungen teilweise von der Ökostromumlage befreien lassen. Selbst Feuerwerk und Schnaps lassen sich so zu ermäßigten Stromkosten produzieren. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) billigte das Bundeskabinett am Mittwoch.
Demnach können Unternehmen, die entweder sehr energieintensiv produzieren oder aber, wie etwa der Fantasieschmuck, in heftigem internationalen Wettbewerb stehen, sich teilweise von der Umlage befreien lassen. Voraussetzung: Ihre Stromkosten müssen einen bestimmten Anteil an der Bruttowertschöpfung haben. Bislang lag dieser Wert bei 14 Prozent, er steigt nun auf 16 Prozent für energieintensive und 20 Prozent für handelsintensive Branchen. Der Anstieg, so heißt es im Entwurf, trage dem Umstand Rechnung, dass auch die Strompreise stiegen, ergo der Anteil an der Bruttowertschöpfung.
Je weniger die Industrie zahlt, desto mehr müssen andere aufbringen
Wer diese Hürde genommen hat, darf sparen: Die EEG-Umlage, derzeit 6,24 Cent je Kilowattstunde, wird nur für die erste Million Kilowattstunden fällig. Alles darüber kostet für sie nur einen knappen Cent. Für besonders stromintensive Unternehmen wird die Umlage noch stärker begrenzt, nämlich auf bis zu 0,5 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung begrenzt. Unter 0,1 Cent darf sie aber nicht fallen. Bislang lag dieser Mindestsatz bei der Hälfte.
Die Neuregelung der Industrierabatte beim Ökostrom war die letzte offene Baustelle bei der Reform des Ökostrom-Gesetzes EEG. Vor allem die EU-Kommission hatte sich an den bisherigen Rabatten gestört, weil sie darin eine potenzielle Beihilfe für deutsche Unternehmen sah. Denn der Kreis der Betriebe, die von den Ausnahmen profitieren, war in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen und umfasste zuletzt über 2100 Unternehmen. Auch im Bundestagswahlkampf standen die Sonderregeln in der Kritik, vor allem von den Grünen: Schließlich müssen die übrigen Stromkunden umso mehr für die Förderung aufbringen, je weniger die Industrie zu zahlen hat. Sie sparte zuletzt gut fünf Milliarden Euro Umlage.
An beidem wird sich jedoch kaum etwas ändern, wenn Bundestag und Länder zustimmen: Weder sinkt die Zahl der Unternehmen nennenswert, noch deren Entlastung. Entsprechend verhalten ist die Kritik der Industrie, die zuletzt für wenig so erbittert gekämpft hatte wie für den Erhalt der Rabatte. Der Anstieg sei für energieintensive Betriebe "gerade noch verkraftbar", sagte Utz Tillmann, Chef des Chemieverbands VCI. Mehr noch: Brüsseler Angriffen auf die Neuregelung müssen sie fortan nicht mehr fürchten. Und selbst jene Unternehmen, die nach der alten Regelung noch begünstigt waren, nach der neuen aber nicht mehr, fallen weich: Sie erhalten für allen Strom jenseits von einer Million Kilowattstunden weiter 80 Prozent Rabatt auf die Umlage.