Süddeutsche Zeitung

Digitale Makler-Dienste:Start-ups wollen Immobilienmakler überflüssig machen

  • Immer mehr Start-Ups drängen auf den Markt für Makler-Angebote.
  • Sie bieten Vermittlungen zu günstigen Festpreisen an, vereinfachen die digitale Angebotssuche und richten sich neuerdings an Mieter statt an Vermieter.

Von Benedikt Müller

Allein der Name ist eine kleine Kampfansage: McMakler haben Hanno Heintzenberg und Lukas Pieczonka das Unternehmen genannt, das sie im Juni 2015 in Berlin gründeten. Wie ein klassischer Immobilienmakler hilft es Eigentümern, ihre Wohnungen zu vermieten: McMakler macht Fotos vor Ort, schreibt Exposés für die großen Portale im Internet, organisiert Besichtigungen in der Wohnung. Und wenn der Eigentümer seinen neuen Mieter gefunden hat, stellt McMakler den Mietvertrag auf. Dabei nutzt die Firma deutlich mehr Software als klassische Makler. Und als Provision verlangt sie nicht die bislang üblichen zwei Monatsmieten, sondern knapp 500 Euro Festpreis. Das ist die eigentliche Kampfansage.

Heintzenberg und Pieczonka wären wohl nie mit einem eigenen Unternehmen in die Immobilienbranche gewechselt, wenn die Bundesregierung nicht das Bestellerprinzip eingeführt hätte. Seit Juni 2015 dürfen Vermieter die Maklergebühren nicht mehr einfach auf Mieter abwälzen. Vielmehr muss derjenige die Courtage bezahlen, der den Makler beauftragt hat. "Seitdem überlegen sich viele Vermieter genau, ob sie einen Makler beauftragen oder nicht", sagt Oliver Obermann von der Beratungsfirma Immo Media Consult. "Das öffnet eine gewisse Marktlücke für günstige, digitale Alternativen."

Klassische Makler wollen Start-ups das Feld nicht kampflos überlassen

McMakler ist nicht die einzige Firma, die diese Lücke bundesweit besetzen will. Auch das Berliner Start-up Wunderagent bietet Maklerdienste zum Festpreis an. Beim Münchner Mitbewerber Domiando wiederum können Vermieter selbst entscheiden: Soll die Firma nur Anzeigen schalten und Besichtigungstermine vermitteln? Oder auch das Exposé aufstellen und den Mietvertrag schreiben? Je nachdem, stellt das Start-up dem Vermieter 40 bis 300 Euro in Rechnung.

Unter den vielen neuen Anbietern ist McMakler besonders schnell gewachsen. Regelmäßig hat das Berliner Start-up mehr als 200 Immobilien bundesweit im Angebot, Tendenz steigend. Gemessen an der Größe des Portfolios gehört die junge Firma damit schon zu den fünf größten Immobilienmaklern in Deutschland. Dieser Aufstieg war möglich, weil der Markt der Wohnungsvermittlung von vielen kleinen, regionalen Büros geprägt ist - und weil sich manche von ihnen aus dem Geschäft mit der Vermietung zurückziehen, seitdem das Bestellerprinzip gilt.

Die meisten klassischen Makler wollen das Feld aber nicht kampflos der digitalen Konkurrenz überlassen. Deshalb kalkulieren sie ihre Leistungen neu und bieten günstigere Paketlösungen an, sagt Sun Jensch, Bundesgeschäftsführerin beim Immobilienverband Deutschland (IVD). "Nach einem halben Jahr kann man sagen, dass die meisten Leistungspakete, die vom Eigentümer angenommen werden, bei 1,5 Nettokalt-Monatsmieten liegen." Der neue Wettbewerb entlastet also die Mieter - und lässt die Makler-Courtagen sinken.

Die Gründerzeit auf dem Wohnungsmarkt kommt Berater Obermann bekannt vor. "Um die Jahrtausendwende gab es schon einmal eine Hochphase, in der viele Immobilienportale gegründet wurden." Damals ging es darum, Immobilienangebote ins Internet zu führen. Von den damaligen Gründungen sind allerdings nur Immobilienscout 24, Immowelt und Immonet übrig geblieben. "Die Immobilienbranche ist traditionell eher skeptisch gegenüber neuen Vertriebswegen", sagt Obermann, der die Entwicklung der Portale von Anfang an beobachtet hat. "Deshalb werden auch die Gründer von heute einen langen Atem benötigen."

Ein bekannter Investor hat die Geduld bereits verloren: Der Berliner Start-up-Investor Rocket Internet hat seine Makler-Plattform Vendomo zu Neujahr vom Markt genommen: Die Konkurrenz im Heimatmarkt Berlin war zu groß.

Die neuen Start-ups richten sich vor allem an Mieter

Während die verbliebenen Makler-Start-ups um die Gunst der Vermieter kämpfen, wollen andere Gründer vor allem Mieter ansprechen. Zum Beispiel legen bei der Plattform Nesthub Wohnungssuchende ein Profil von sich an - dann können sie sich mit einem Mausklick auf eine Wohnung bewerben, ohne jedes Mal ihre Daten neu eingeben zu müssen. Ein Algorithmus schlägt dem Vermieter schließlich vor, welcher Bewerber passen könnte. Auch das Portal Faceyourbase will Mieter und Vermieter komplett digital zusammenbringen. Für den Eigentümer ist diese Plattform kostenlos - er lädt nur seine Favoriten zu einer Wohnungsbesichtigung ein.

So stark will McMakler die Wohnungssuche allerdings nicht digitalisieren. "Ein Algorithmus alleine vermietet und verkauft keine Immobilien", sagt Gründer Heintzenberg. Zwar organisiert bei McMakler ein Server jegliche Besichtigungstermine, auch die Mietverträge werden zentral in Berlin erstellt. "Doch ohne persönlichen Kontakt kommt man in unserer Branche nicht weit", sagt Heintzenberg. Deshalb unterhält das Start-up 14 Standorte bundesweit - und beschäftigt gut 100 Mitarbeiter, die von klassischen Häusern zu McMakler gewechselt sind. An einigen Standorten deckten die Umsätze bereits die Kosten, sagt Heintzenberg. Insgesamt gehe dagegen Wachstum vor Profitabilität.

Und wachsen will McMakler nicht nur mit Vermietungen - sondern auch im Verkauf von Immobilien. Dort verdienen die klassischen Makler noch gut, weil der Käufer für gewöhnlich die Courtage zahlt. Der Vorstoß in dieses Geschäft wäre die nächste Kampfansage.

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SZ vom 16.02.2016/vit
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