Süddeutsche Zeitung

Neue Kennzeichnung verlangt:Das große Chaos am Pfand-Automaten

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Wirrwarr bei der Pfandrückgabe: Einweg? Mehrweg? Die Deutsche Umwelthilfe fordert, die Etiketten entsprechend zu beschriften - in Großbuchstaben.

Th. Öchsner, Berlin

Vor etwa sieben Jahren hatte der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin in einem Berliner Supermarkt einen großen Auftritt: Der Grünen-Politiker schob Plastikflaschen in den ersten Pfandautomaten für Einweg- und Mehrwegflaschen. Das Projekt Einwegpfand war geboren. Seitdem müssen Verbraucher auf Einweg-Getränkeverpackungen mit Pfandpflicht 25 Cent extra zahlen.

Zwei große Ziele waren damit verbunden: Die Deutschen sollten häufiger wieder befüllbare Flaschen in den Einkaufswagen legen. Zugleich wollte Trittin dadurch Jobs bei kleinen und regionalen Getränkeherstellern sichern, die vor allem solche Mehrwegflaschen anbieten. Der Erfolg blieb aus: Es gibt einen Boom von Flaschen aus Plastik. Und das dürfte auch daran liegen, dass ihnen oft gar nicht anzusehen ist, ob sie geschreddert oder wieder mit Wasser oder Limo gefüllt werden.

Früher war das Pfand das Kriterium, um Einweg und Mehrweg zu unterscheiden. Das ist durch das Einwegpfand entfallen. Zwar müssen die Anbieter der Einwegflaschen ein Logo auf dem Etikett abdrucken. Dieses aber kennen die wenigsten Verbraucher, wie eine Umfrage von TNS-Emnid zeigt. "Jeder zweite Verbraucher glaubt, er kaufe umweltfreundliche Mehrwegflaschen, wenn er Pfand bezahlen muss", sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Hinzu kommt: Immer mehr Deutsche decken sich bei Billiganbietern ein. In den Regalen bei Aldi oder Lidl finden sich aber keine Mehrwegflaschen. So ist die in der Verpackungsverordnung angestrebte Mehrweg-Quote von 80 Prozent nur Theorie: Nicht einmal jede zweite Flasche wird wieder befüllt. Kaum ein Verbraucher dürfte wissen, dass PET-Einwegflaschen nicht nur bei deutschen Recyclern landen, sondern gepresst in China, wo sie die Textilindustrie etwa für die Produktion von Fußballtrikots verwendet.

Nur bei Bier liegt die Mehrwegquote noch über 80 Prozent. Bier aus der Dose, bei den Discountern Penny und Netto wieder im Angebot, ist bei den meisten Menschen immer noch verpönt.

Die Bundesregierung kündigte deshalb in ihrem Koalitionsvertrag an, durch eine "aussagefähige Produktkennzeichnung die ökologischen Konsumentenverantwortung" stärken zu wollen. Doch die EU-Kommission lehnt die vom Umweltministerium geplante Verordnung ab - dies würde den Handel innerhalb der Europäischen Union beeinträchtigen, weil Importeure dann gezwungen wären, ihr Etikett zu verändern, heißt es in Brüssel. Die Umweltschützer weisen dagegen darauf hin, dass Importeure schon jetzt für die Einfuhr nach Deutschland extra das Einweg-Logo verwenden müssten.

Ein möglicher Kompromiss: Einwegflaschen werden in den Supermärkten am Verkaufsregal besonders gekennzeichnet. Der Deutschen Umwelthilfe geht das nicht weit genug: Sie fordert, die Etiketten entweder mit dem Wort Einweg oder Mehrweg zu beschriften - in Großbuchstaben

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Quelle:
SZ vom 07.09.2010
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