Neue Generation:Wie Kinder ihre Eltern erziehen

Den jungen Reichen kommt es beim Luxus auf Nachhaltigkeit und Spaß an.

Von Ulrike Sauer

Was denken junge Leute über Boote? Mit dieser Frage befasst sich Paolo Beretti, Entwicklungschef beim Yachthersteller Sanlorenzo, intensiv. Es geht ihm dabei nicht nur um die Kunden von morgen. Schon heute sitzen in vermögenden Familien die erwachsenen Kinder mit am Tisch, wenn es um maritime Investitionen geht. Der Kauf des Luxusboots ist nicht mehr die einsame Patriarchen-Entscheidung. Findet der Nachwuchs ohrenbetäubenden Lärm, exorbitanten Spritverbrauch und puren Protz nicht mehr cool, verdirbt das auch manchem Papa den Spaß am Geldausgeben. "Die Kinder drängen heute ihre Eltern dazu, Wert auf Nachhaltigkeit und aufs Genießen zu legen", sagt der Yachtbauer Massimo Perotti. Er spricht aus Erfahrung: "Als meine Tochter mit zwölf nicht mehr in den viersitzigen Ferrari steigen wollte, habe ich ihn verkauft." Erziehung - einmal anders herum.

Andere Sparten der Luxusindustrie bekommen den Generationenwandel längst krasser zu spüren. Die jungen Kunden machen den Edel-Marken zunehmend das Leben schwer. Die Millennials sind durchs Internet hervorragend informiert, viel besser als die Baby-Boomer-Generation, die den Aufstieg der Luxusbranche befeuert hat. Schon das allein macht sie zu schwierigen Kunden. Schwindelerregende Preise definieren für die abgeklärten, emanzipierten Käufer längst keinen Luxus mehr. Um sie zufriedenzustellen, braucht es Argumente. Sie stellen hohe Ansprüche, was den Umwelt- und Klimaschutz sowie Gerechtigkeit angeht. In Mailand antwortete die Modebranche darauf zum Beispiel mit der Auslobung der "Green Carpet Fashion Awards". Auf der Schmuckmesse Vicenza Oro in Norditalien stand vor wenigen Tagen das Thema der Kontrolle beim Schürfen von Rohdiamanten, Rubinen und Smaragden im Vordergrund. Der internationale Schmuckverband legte einen Regel-Katalog zur Kontrolle der Einhaltung der Menschenrechte vor.

Apropos Preziosen: Die nach 1980 geborene Generation betritt das Juweliergeschäft viel selbstbewusster als ihre Eltern. "Ein Millennial möchte den Grund für den Preis verstehen", sagt Tiffany-Chef Alessandro Bogliolo. Überzeuge ihn die Erklärung nicht, ziehe er weiter und betrete den Laden so schnell nicht wieder. Um auch mit der neuen Generation im Geschäft zu bleiben, müssen die Glamour-Label über den eigenen Schatten springen. So brachte Tiffany einen profanen Pizzaschneider auf den Markt. Wenn die Gastgeber in ihrem Loft statt Kaviar die Gourmet-Pizza eines angesagten Kochs servieren, müssen Luxushersteller ihr Sortiment auffrischen.

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