Neue Eisenbahnlinie für China:Öl-Express via Laos

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400 Kilometer quer durch die Wälder von Laos: China will dem Nachbarland eine neue Eisenbahnstrecke aufdrängen, über die Öl aus dem Nahen Osten transportiert werden soll. Doch Experten warnen: Laos müsste zu viel zahlen und wäre am Ende des Projekts eine Müllhalde.

Von Reymer Klüver

Erst vor ein paar Tagen feierte China einen neuen Superlativ: die längste Bahnlinie der Welt für Hochgeschwindigkeitszüge. Mehr als 2000 Kilometer lang von Peking nach Guangzhou bei Hongkong. Doch China baut neue Eisenbahnstrecken nicht nur zu Hause. Auch jenseits der Grenzen sind Ingenieure unterwegs, um die Volksrepublik weiter mit der Welt zu vernetzen - schienentechnisch zumindest. Und auch da verfahren sie nach dem Motto: lieber klotzen statt kleckern.

In Laos zum Beispiel. Erst vor ein paar Jahren hatte das bitterarme Land im Süden Chinas seine erste Eisenbahnlinie erhalten: knapp vier Kilometer lang, über den Mekong hinüber nach Thailand. Sie kostete sechs Millionen Dollar, das meiste zahlten die Thais. Die Chinesen wollen nun eine Trasse dorthin quer durch die Wälder von Laos schlagen, gut 400 Kilometer lang und sieben Milliarden Dollar teuer, die Laos zum Gutteil per Kredit schultern soll. Die Strecke soll China ans Schienennetz Südostasiens anbinden: nach Bangkok und weiter nach Kambodscha, Myanmar, bis hin nach Singapur.

Die Strategie hinter dem Projekt liegt auf der Hand: China gewinnt eine Exportroute und einen Weg, Öl aus dem Nahen Osten ins Land zu schaffen. Die Tanker könnten in Myanmar anlegen. Das Öl würde über eine weitere Neubaustrecke nach Thailand und über Laos in den Norden gelangen. Bangkok und Hinterland sind ein wichtiger Markt für China. Die Exporte nach Südostasien beliefen sich 2011 auf 370 Milliarden Dollar, sie steigen weiter.

Alte Ideologen gegen junge Technokraten

In China, im Abschnitt zwischen der Millionenstadt Kunming und der Grenze zu Laos, sollen die Arbeiten schon begonnen haben. In Laos aber tut sich - planwidrig - noch nichts. Dabei hatte Chinas Premier Wen Jiabao im November dort den ersten Spatenstich tätigen sollen. Eine Begründung fürs Zögern gibt es nicht in einem Land, das sich zwar zusehends dem Ausland öffnet, dessen Regime aber offenen Dissens kaum zulässt: Laos wird von Kommunisten regiert, die mit Nordvietnam gegen die Amerikaner kämpften.

Es gibt indes nicht unbegründete Mutmaßungen. Ihnen zufolge liegen in der Führung zwei Fraktionen und zwei Generationen im Clinch: alte Ideologen gegen junge Technokraten, die Waffenbrüder der Vietnamesen gegen die Freunde der Chinesen und ihres Geldbeutels. Weltbank, Weltwährungsfonds und Asiatische Entwicklungsbank warnten: Laos müsste zu viel zahlen und wäre am Ende des Projekts eine Müllhalde. Im Land gärt es. Manche murren, Laos werde zur Kolonie Chinas. Ein bekannter Bürgerrechtler, Sombath Somphone, sprach die dürftigen Entschädigungen für Landenteignungen an. Er wurde im Dezember verhaftet und gilt seither offiziell als verschwunden.

© SZ vom 10.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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