Neue Bilanzregeln:Plötzlich fast drei Billionen Dollar mehr

Neue Bilanzregeln für Leasing-Verträge werden den Schuldenberg der meisten Großkonzerne aufblähen.

Neue Bilanzierungsvorschriften für Leasing-Verträge werden von 2019 an den Schuldenberg der meisten Großkonzerne in Europa und vielen anderen Ländern aufblähen. Dann müssen die Unternehmen geleaste oder gemietete Immobilien, Fahrzeuge und Anlagen voll in der Bilanz verbuchen, wie das International Accounting Standards Board (IASB) mitteilte. Bisher tauchten dort meist nur die Leasingkosten auf. "Das betrifft rund die Hälfte aller Unternehmen, vor allem Fluggesellschaften, die Schifffahrt und den Einzelhandel", sagte IASB-Chef Hans Hoogervorst. Der vom IASB festgelegte IFRS-Bilanzstandard gilt für mehr als 100 Länder. In Deutschland dürften Studien zufolge Konzerne wie die Post, die Telekom oder Metro die Veränderungen am stärksten spüren. Die Regulierer versprechen sich davon ein klareres Bild von der tatsächlichen Verschuldung von Unternehmen. Bisher waren bei börsennotierten Unternehmen 85 Prozent der 3,3 Billionen Dollar schweren Leasingverpflichtungen in der Bilanz unsichtbar. Ratingagenturen und Analysten mussten die Werte schätzen, um sich ein Urteil zu bilden - laut IASB lagen sie damit aber oft weit von der Realität entfernt. Künftig müssen das Nutzungsrecht auf der einen Seite der Bilanz und die finanzielle Verpflichtung auf der anderen Seite verbucht werden. Damit steigen am Anfang der Laufzeit die bilanziellen Belastungen. Ausgenommen von der Bilanzierungspflicht sind Leasing- oder Mietverträge mit bis zu zwölf Monaten Laufzeit und Verträge mit einem Volumen von weniger als 5000 Euro, etwa für Kopierer oder Computer.

Die Auswirkungen der Reform sind umstritten. Bisher ist das Leasing oder die Miete von Maschinen, Autos, Büro-Ausstattung oder ganzen Fabriken für Firmen bilanziell meist günstiger als ein Kauf in bar oder auf Kredit. Hoogervorst sagte, das Leasing bleibe eine attraktive und flexible Form der Finanzierung. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erwartet dagegen, dass Finanzierungsmodelle wie der Verkauf und das Zurückmieten von Gebäuden und Anlagen ("Sale-and-Leaseback") aussterben werden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: