New York:Getrennte Eingänge für Arm und Reich

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Ein Beispiel für Preis-Exzess in Manhattan: Im neuen Nobel-Hochhaus One57 ist gerade eine möblierte Wohnung mit drei Schlafzimmern im 37. Stock für 50 366 Dollar pro Monat vermietet worden. In anderen Häusern gibt es sogar eine "Poor Door".

(Foto: Bloomberg)
  • Damit reiche Wohnungskäufer durch armen Nachbarn nicht abgeschreckt werden, gibt es in einem neuen Luxus-Gebäude in Manhattan einen Sondereingang.
  • Die Stadt New York will Wohnraum für Geringverdiener schaffen. Wenn Immobilienentwickler einen bestimmten Anteil bezahlbare Mietwohnungen anbieten, bekommen sie Steuernachlässe.
  • Linke Medien und Politiker sprechen wegen der "Poor Door" von Apartheid und einem Angriff auf die Menschenwürde.

Von Kathrin Werner, New York

Der Eingang erinnert an graue Vorzeiten: Die Dienerschaft drückt sich durch die Hintertür hinein, mit Knicks, falls ihnen die hohen Herrschaften begegnen, die durch den glänzenden Vordereingang eintreten. Doch dieser Eingang ist modern. Er führt in einen neues gläsernes Luxus-Hochhaus in Manhattan. Das Haus am Hudson River hat zwei Türen: eine für die reichen Bewohner der Eigentumswohnungen. Und eine für ärmere Mieter.

Die Armen haben einen eigenen Fahrstuhl, keinen Zugang zum Pool, zum Fitnessstudio, zur Kegelbahn oder zum Hauskino. Sie wohnen im gleichen Gebäude, haben aber zwei Adressen: 40 Riverside Boulevard für die Reichen. 470 West 62nd Street für die Armen. Dass die überhaupt hier wohnen dürfen, liegt an einer Regel, mit der New York Wohnraum für Geringverdiener schaffen will. Wenn Immobilienentwickler einen bestimmten Anteil bezahlbare Mietwohnungen anbieten, bekommen sie Steuernachlässe, zum Teil in mehrfacher Millionenhöhe. Damit reiche Käufer nicht durch die Aussicht abgeschreckt werden, in ihrem eigenen Heim auf die Unterschicht zu treffen, schotten die Immobilienfirmen Arm und Reich voneinander ab, so gut es geht.

Der Sondereingang, den es in mehreren Häusern gibt, hat den Namen "Poor Door" bekommen, Armentür, und heftige Proteste ausgelöst. Linke Medien und Politiker sprachen von Apartheid und einem Angriff auf die Menschenwürde. New Yorks Bürgermeister Bill DeBlasio, ebenfalls ein Linker, versprach kurz nach seinem Amtsantritt 2014, etwas gegen die Armentüren zu tun. Jetzt hat der City Council sie verboten. Die bestehenden Armeneingänge müssen allerdings nicht zugesperrt werden, das Verbot gilt nur für neue Häuser.

Eine Zwei-Zimmer-Wohnung kostet mehr als 4000 Dollar pro Monat

Als das Stadtparlament - auch mit DeBlasios Stimme - 2009 das Inclusionary Housing Program verabschiedete, sah wohl niemand voraus, dass ein Paragraf solche Auswirkungen haben könnte: Vermieter bekommen ihre Steuererleichterungen, wenn sie bezahlbaren Wohnraum in dem jeweiligen Gebäude oder anderswo anbieten. Sie haben den Armenteil zu einem rechtlich getrennten Haus erklärt, separate Eingänge und Fahrstühle wurden so legal. Die "Poor Doors" waren ein Schlupfloch, sagte Manhattans Stadtteil-Bürgermeisterin Gale Brewer der New York Post: "Ich glaube, niemandem von uns im Parlament war diese Regelung bewusst, mir jedenfalls nicht."

Die Armentüren liefen dem Zweck des Gesetzes entgegen, es sollte schließlich dazu dienen, dass Arm und Reich sich besser mischen und ärmere New Yorker nicht gezwungen sind, in entlegenen und gefährlichen Stadtteilen zu leben. So ist das nämlich heutzutage meist. Im neuen Nobel-Hochhaus One57 ist gerade eine möblierte Wohnung mit drei Schlafzimmern im 37. Stock für 50 366 Dollar pro Monat vermietet worden. Und selbst wenn man von Preis-Exzessen absieht, können sich nur noch Besserverdiener Manhattans Mieten leisten. Eine durchschnittliche Zweizimmerwohnung in Manhattan kostet 4241 Dollar - wenn man auf einen Doorman verzichtet, der am Eingang aufpasst, dass niemand ins Haus kommt, der dort nicht hingehört. Mit Empfangsmann sind zwei Zimmer gleich 2000 Dollar pro Monat teurer.

Die Heerscharen von Dienstleistern können sich diese Mieten nicht leisten

Die Heerscharen von Dienstleistern, die Manhattan am Laufen halten, die Nannies, Pizzalieferanten, Taxifahrer und Dogwalker, können sich das nicht leisten. Der Mindestlohn in New York liegt bei 8,75 Dollar. Sie leben im Osten Brooklyns, in Queens oder vielleicht ganz im Norden von Harlem, wo die Mieten allerdings so rasant steigen wie sonst nirgends in Manhattan.

Entsprechend groß ist der Ansturm auf die von der Stadt garantierten bezahlbaren Wohnungen, die unter Marktpreis vermietet werden. Auf 55 dieser Wohnungen in dem gläsernen Hochhaus mit der Armentür haben sich 88 000 Menschen beworben. Als arm genug gilt, wer unter 50 340 Dollar pro Jahr verdient. Die Apartments wurden per Lotterie vergeben, eine Zweizimmerwohnung kostete 1082 Dollar.

DeBlasio hat derweil ein Programm für bezahlbaren Wohnraum angekündigt. Er plant, bis in zehn Jahren 200 000 preisstabilisierte Wohnungen zu schaffen oder zu erhalten. Neue Häuser sollen keine Subventionen mehr bekommen, wenn sie nicht auch Mietwohnungen für Geringverdiener anbieten. "Dies kann keine Stadt ausschließlich für Penthäuser und Luxus-Eigentumswohnungen sein", sagte DeBlasio. Gegen seinen Plan gibt es allerdings Widerstand von der Regierung des Bundesstaats New York. In New York City gibt es bereits ein Programm für Apartments mit einer Mietpreiskontrolle. Die Stadt legt fest, um wie viel die Miete jährlich steigen darf, meist ist es ein niedriger einstelliger Prozentbetrag. Außerdem sind Mietverträge nicht kündbar und verlängern sich jedes Jahr automatisch. Die Zahl dieser Wohnungen ist aber seit 1993 um mehr als 250 000 geschrumpft.

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