Nestlé-Chef Bulcke:Meister der Worthülsen

Nestle CEO Bulcke smiles before the nine-month sale figures news conference at the company's headquarters in Vevey

Redet gern, sagt aber wenig: Nestlé-Chef Paul Bulcke

(Foto: REUTERS)

Er spricht sechs Sprachen fließend, sagt aber lieber wenig: Nestlé-Chef Paul Bulcke macht selten konkrete Aussagen. Zu den Gerüchten um eine Übernahme von Ferrero ringt er sich immerhin im zweiten Anlauf eine Art Antwort ab.

Von Wolfgang Koydl, Zürich

Sechs Sprachen spricht der Mann - Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch - neben seiner Muttersprache Niederländisch. Es ist anzunehmen, dass er sich in jedem Idiom flüssig ausdrücken kann, denn er redet viel und gern. Allerdings: Paul Bulcke, Chef von Nestlé, sagt nicht viel, zumindest nicht offiziell. Auf der ganzen Welt haben sich Spitzenmanager eine Ausdrucksweise angeeignet, die ebenso ausdruckslos wie nichtssagend ist. Wenn Verluste, Verkäufe und Entlassungen beschrieben werden müssen, reiht sich Worthülse an Worthülse. Zu sagen, dass sie mit heißer Luft gefüllt sind, wäre geschmeichelt. In ihnen herrscht vielmehr ein Vakuum.

Vom 59-jährigen Flamen Bulcke können andere Konzernchefs allerdings noch etwas lernen, wie sich bei der Präsentation von Zahlen am Firmensitz im schönen Vevey am Genfer See zeigte. Ausführlich breitet der Chef die neuen Prioritäten des Konzerns aus. Zu ihnen gehört - man staune -, dass man die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden erfüllen wolle. Das tut jeder Bäckermeister auch, aber aus Bulckes Mund klingt es wie das jüngste Erfolgsrezept aus einem Management-Seminar.

Dabei gäbe es einiges Konkrete zu sagen bei und über die Weltfirma. Schlecht geht es ihr nicht, wenn auch nicht mehr so gut wie früher. "So um die fünf Prozent" lautet das von Bulcke ausgegebene Wachstumsziel für 2013. Im vergangenen Jahr gab es noch knapp sechs Prozent Wachstum; im dritten Quartal 2013 erfüllte der Hersteller von Lebensmitteln und Kaffeemaschinen mit 4,4 Prozent nur knapp die ohnehin nicht hoch geschraubten Erwartungen der Analysten. Und 2014? "Wir werden weiter die Nestlé-Linie verfolgen, das sollte machbar sein", meint der Chef.

Im zweiten Anlauf eine Art Dementi

Eine klare Aussage lässt er sich aber doch entlocken. Am Morgen waren Gerüchte aufgetaucht, dass Nestlé Interesse am italienischen Mitbewerber Ferrero habe. Deren Küsschen würden gut ins Portfolio der Schweizer passen, ganz zu schweigen vom Nutella-Brotaufstrich. Zunächst versucht Bulcke die Frage mit einer Standardantwort abzubürsten: Wir kommentieren keine Marktgerüchte. Dann aber quält er sich doch die Bemerkung ab: "Wir haben gesagt, keine Akquisitionen. Das steht." Na also, es geht doch. Eine Art Dementi. Für Journalisten und Analysten mögen solche feingesponnenen Zuckerwatte-Aussagen wenig hilfreich sein, den Verantwortlichen von Nestlé freilich kommt das entgegen. Der Verwaltungsrat wusste, wen er im Jahr 2008 an die Spitze hievte.

Bulcke versprach Kontinuität und stetiges Wachstum. Genauso kontinuierlich und stetig verlief auch sein eigener Werdegang im Unternehmen. Fast frisch von der Universität trat der junge Mann im Jahr 1979 in Vevey ins Unternehmen ein und er blieb ihm ohne Unterbrechung treu. In der von stetem Wandel gekennzeichneten Managerwelt ist solche Loyalität nur selten anzutreffen.

Stufe um Stufe diente sich Bulcke hoch, vom Lehrling über viele Stationen - Südamerika, Portugal, Bratislava, Deutschland, die Vereinigten Staaten. In den USA war er von 2004 bis 2008 als Executive Vice President für den gesamten gewaltigen Markt von Alaska bis nach Feuerland verantwortlich. Seitdem hat Bulcke als Konzernchef die eine oder andere Krise gemeistert. Seine eigene missverständliche Bemerkung, dass Trinkwasser kein freies Gut sein könne, trug ihm weltweit eine Berühmtheit ein, die ihm selbst vermutlich sehr ungelegen gekommen sein dürfte. Denn wie hatte er es einmal formuliert: "Ich mag keine Selbstdarstellung und Inszenierung, die zur Masche verkommt." Er redet lieber.

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