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Negative Zinsen:Darf's noch etwas mehr sein?

Ein Unternehmen leiht sich Geld und streicht eine Gebühr ein, statt dafür Zinsen zu zahlen: Der erste Pfandbrief mit negativer Rendite brachte die allenfalls mittelgroße Bank Berlin Hyp gerade weltweit ins Gespräch.

Von Meike Schreiber

Es klingt paradox: Ein Unternehmen leiht sich Geld von Investoren und streicht eine Gebühr ein, statt Zinsen zu zahlen. Was bei Staatsanleihen bekanntlich längst Realität ist, hat mit der Berlin Hyp nun erstmals ein Unternehmen geschafft. Das brachte das allenfalls mittelgroße deutsche Kreditinstitut sogar in der internationalen Finanzbranche ins Gespräch. Von einem "weiteren Meilenstein" auf dem Weg des europäischen Finanzsystems hin zu negativen Zinsen schrieb etwa die Financial Times in London.

Konkret geht es dabei um einen Pfandbrief, also eine besicherte Anleihe, über die vor allem Immobilienbanken ihre Kredite refinanzieren. Diese sind für viele Profi-Investoren schon deshalb interessant, weil sie als besonders sicher gelten. Die Nachfrage nach den Papieren war daher so groß und der Ausgabepreis entsprechend hoch, dass sich die Rendite für den Pfandbrief über 500 Millionen Euro auf minus 0,162 Prozent belief. Wenn die Investoren das Papier bis zum Ende der Laufzeit in drei Jahren halten, verlieren sie also definitiv Geld mit ihrer Investition.

Dass die Anleger trotzdem zuschlugen, lässt sich vor allem mit ihren Erwartungen erklären: Viele rechnen damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Krisenpolitik der Negativzinsen noch verschärfen wird. Wenn die Zinsen am Markt also noch weiter sinken, lässt sich wohl selbst ein Pfandbrief wie jener der Berlin Hyp noch mit Gewinn verkaufen. Außerdem ist es für viele Profi-Anleger ein Wert an sich, dass die Berlin Hyp, ein Institut mit Topbonität im indirekten Besitz der deutschen Sparkassen, auf ihr Geld aufpasst, wenn auch gegen Gebühr. Ohnehin zahlen viele Profi-Investoren und Firmenkunden bereits drauf, wenn sie ihr Geld als Einlage zur Bank bringen. Seit die Institute selbst einen Strafzins von 0,3 Prozent zahlen müssen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB parken, versuchen sie einen Teil der Kosten an ihre Großkunden weiterzugeben.

Mittelfristig gibt es sogar noch einen weiteren Grund, warum Anleihen wie die der Berlin Hyp zumindest als sichere Anlage interessant sein könnten. Die privaten Banken prüfen, ob sie für die Einlagen von Profianlegern noch quasi unbegrenzt haften können. Hintergrund ist die Pleite der Maple Bank mit Einlagen von 2,6 Milliarden Euro, für die der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken geradestehen muss. Spätestens wenn es zu weiteren Pleite käme, wäre der Fonds wohl überfordert. Deutsche Bank und Commerzbank wollen daher laut Börsenzeitung eine Reform der Einlagensicherung für Profi-Investoren vorantreiben.

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Quelle:
SZ vom 10.03.2016
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