Navigation:Intelligente Windschutzscheibe

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Das Start-up WayRay will dem Autofahrer die Route direkt vor die Nase projizieren. An den Seitenscheiben sollen Angebote von Händlern erscheinen und das Shoppen im Vorbeifahren ermöglichen.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

In den Autos der Zukunft muss der Fahrer nicht mehr auf Pfeile oder Karten des Navigationsgeräts linsen, und er kann auch die mitunter missverständliche Sprachführung abschalten. Stattdessen wird vor jedem Abbiegen die richtige Straße mit grüner Farbe angemalt. Nein, nicht auf der Fahrbahn. Aber auf der Windschutzscheibe, die dem Lenker quasi idiotensicher den Weg ans Ziel weist.

Das ist eine der Ideen von Vitaly Ponomarev, dem Gründer und Chef des Züricher Start-ups WayRay. Sein Gerät Navion projiziert mit künstlicher Intelligenz die Routenhinweise vor die Windschutzscheibe, sodass es für den Fahrer so aussieht, als sei die Fahrbahn grün markiert. Ponomarev und seine Mitarbeiter tüfteln an der Technik durch Holografie, sie schreiben die Software und stellen die Hardware her.

Nun hat sich das 2012 gegründete Unternehmen in einer Finanzierungsrunde 69 Millionen Euro von namhaften Investoren gesichert; allen voran steigt der Stuttgarter Sportwagen-Hersteller Porsche mit etwa 25 Millionen ein. Mit dabei sind der chinesische IT-Konzern und Internethändler Alibaba Group, der japanische Unterhaltungselektronik-Hersteller JVC-Keenwood, der südkoreanische Autobauer Hyundai sowie diverse Fonds.

Porsche entwickelt mit WayRay derzeit einen Prototypen mit dem Ziel, die Technologie in fünf Jahren serienmäßig in die Autos einzubauen. Die Manager in Zuffenhausen hoffen, sich damit im Premium-Segment von der Konkurrenz abzusetzen. Bislang bietet etwa BMW ein sogenanntes "Headup-Display" an: Dieses wirft ein Bild der Tempo-Anzeige an die Windschutzscheibe, so dass der Fahrer seinen Blick nicht mehr von der Fahrbahn abwenden muss.

Alibaba will Autos zum digitalen Marktplatz machen - Shoppen im Vorbeifahren

WayRay will nach eigenen Angaben noch einen Schritt weiter gehen. Zum Beispiel sollen Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder auch Parkplätze beim Vorbeifahren im Sichtfeld der Passagiere angezeigt werden. Inklusive weiterer Informationen wie Öffnungszeiten oder Preise. Bei Porsche sprechen sie von "personalisierten Marktplätzen", auf denen der Fahrer sogleich vor dem Einfahren in die Autobahn zusätzliche Pferdestärken einkaufen könnte oder auch im Vorbeifahren an der Allianz-Arena das neue FC Bayern-Trikot.

Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, spätestens im Zeitalter des (teil)autonomen Fahrens hat der Lenker ja mehr Zeit zum Shoppen. Deshalb ist für Porsche die Partnerschaft mit Alibaba besonders spannend. Porsche und Hyundai wollen die WayRay-Technik nicht nur in ihre Autos einbauen. Sie verstehen sich als strategische Investoren, die am Erfolg des Startups auch außerhalb der Auto-Branche teilhaben wollen - zum Beispiel bei der Gebäudetechnik.

Die WayRay AG arbeitet nach eigenen Angaben mit mehr als 20 verschiedenen Autoherstellern an diversen Projekten. Das Unternehmen beschäftigt 250 Mitarbeiter in Russland, China, USA und in der Schweiz. Für 2019 verkündet Firmenchef Vitaly Ponomarev große Pläne: "Wir wollen uns zu einem Milliarden-Unternehmen entwickeln." Zudem plant er eine Produktionsstätte in Süddeutschland in der Nähe der Schweizer Grenze.

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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