Naturschützer Douglas Tompkins:Ohne ihn wäre es der Natur schlechter ergangen

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Douglas Tompkins betrieb Naturschutz auf seine Art (Archivbild)

(Foto: REUTERS)

Douglas Tompkins war unkonventioneller Naturschützer, er gründete The North Face und Esprit. Nun ist er bei einem Bootsunfall in Chile gestorben.

Von Peter Burghardt

Der Mann, der die Welt retten wollte, lebte längst in seinem Paradies. Wenn man Douglas Tompkins zum Beispiel im Süden Chiles besuchte, dann ging das so: Ein Motorboot durchpflügte in seinem Naturschutzgebiet Parque Pumalín sanft einen Fjord mit Seehunden und Delfinen, gesäumt von dichtem Urwald. Der frühere Unternehmer und spätere Umweltschützer wohnte mit seiner Frau Kristine einen Großteil des Jahres in einem Holzhaus an Wiesen und Moosen unweit der Bucht, obwohl es dort unten häufig regnet. Vor sich die Anden, mehr oder weniger hinter sich die zerklüftete Küste des Pazifiks, dazwischen bis zu 3000 Jahre alte Bäume auf 290 000 Hektar. Nach dem Mittagessen schob man seine Propellermaschine aus dem Schuppen und flog über seine Wälder, seine Seen, seinen Gletscher und seinen Vulkan, der manchmal Feuer und Lava spuckte. Nebenan kreiste ein Condor.

Oder man reiste in Argentiniens Norden, in die flache Provinz Corrientes. Auch dort, am Sumpfgebiet Esteros del Iberá mit Krokodilen und Wasserschweinen, besitzen die Tompkins eine Farm und wollen die Umgebung erhalten. Es gibt wenige Erdenbürger, denen solche Mengen Land gehören, das allermeiste davon in weitgehend menschenleeren Teilen Südamerikas. "Wir müssen das Wachstumsmonster bekämpfen und die Ökosysteme bewahren", dozierte Tompkins im stundenlangen Gespräch mit ruhiger, etwas trauriger Stimme. Er trug eine Strickjacke, wärmte mit Feuer und erleuchtete die Toilette nur mit Kerzenlicht. Dabei war dieser Idealist doch einst ein Krösus der Klamottenbranche gewesen.

Hunderte Millionen Dollar verdiente der 1943 geborene New Yorker als Erfinder der Outdoor-Firma The North Face (auch das Logo stammt von ihm) und des Modelabels Esprit. Seine zweite Gattin Kristine war Chefin der ebenfalls bekannten Marke Patagonia. Patagonien mochte der ehemalige Skifahrer und Extrembergsteiger schon als junger Mann. Dann verkaufte das Paar in einer Sinnkrise die Mehrheit seiner Anteile und erwarb stattdessen enorme Ländereien, manche davon in Gegenden, wo hauptsächlich Zehntausende Pinguine zu Hause sind. Mit den Grundstücken wollten die beiden kein Geld verdienen und keine Wegwerfindustrie bedienen, sondern im Sinne des Norwegers Arne Næss ("Deep Ecology") Tiere und Pflanzen retten. "Let's go back, lasst uns umdrehen", sagte Tompkins, der Philanthrop, und rief andere Großverdiener zur Nachahmung auf. Oder er erzählte von seinem Jugendfreund Steve Jobs und klagte über den Elektromüll, den all die Smartphones und Notebooks hinterließen. "Die Natur", sprach er, "ist weiser als der Mensch und sein Maschinendenken."

Verwaltet werden seine gewaltigen Ländereien von seiner Stiftung The Conservation Land Trust. Kritiker und Neider nahmen ihm die selbstlosen Motive aber nicht ab und sponnen Verschwörungstheorien. Wie könne es sein, dass sich ein reicher Gringo tief im Süden 10 000 Quadratkilometer unter den Nagel reißt? Tompkins stritt mit Politikern und Konzernen, die in seinem Reich oder daneben eine Straße bauen wollten, ein Wasserkraftwerk, eine weitere Lachszucht. Konservativen und auch vielen Linken galt der knorrige Nordamerikaner als Feind nationaler Entwicklung. Wobei es den Regierungen andererseits gefiel, wenn er anbot, sein Imperium gratis in Nationalparks zu verwandeln.

Am Dienstag starb Douglas Tompkins im Alter von 72 Jahren nach einem Kajakunfall auf dem chilenischen Lago General Carrera, sein Boot war im kalten Wasser gekentert. Er hinterlässt seine Familie und eine Natur, der es ohne ihn schlechter ergangen wäre.

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