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Namensstreit in der Kneipp-Bewegung:Kleinkrieg der Wassertreter

Zoff ums Wasserbecken: Wer darf den Namen Kneipp benutzen? Zwischen Kneipp-Werken und Kneipp-Bund ist ein Streit entbrannt - viel Geld steht auf dem Spiel.

Guido Bohsem

Streit kommt in der besten Familie vor. Das kann man nicht nur in diversen europäischen Königshäusern studieren, sondern auch im Wirtschaftsleben. Im speziellen Fall heißt die Familie Kneipp. Auch der Gegenstand des Streits heißt Kneipp - weil es nämlich darum geht, wer für welche Angelegenheiten die Namensrechte des Urvaters des heilsamen Wassertretens nutzen darf, des bayerischen Pastors Sebastian Kneipp.

Im Clinch liegen das Unternehmen Kneipp-Werke und der gemeinnützige Verein Kneipp-Bund. Glaubt man den Protagonisten, ist am Zank der jeweils andere Schuld. Jedenfalls läuft es darauf hinaus, dass der Verein künftig auf die Zuwendungen der Werke verzichten muss und dadurch in eine finanzielle Krise stürzt.

"Das kam für uns völlig unvorbereitet und bringt uns in eine schwere Situation", sagt die Präsidentin Marion Caspers-Merk. Auf rund 100.000 Euro im Jahr muss der Verein nun verzichten, der viel für gesundheitliche Aufklärung und Prävention tut.

Zoff um die Erbfolge

Doch von vorn. Angefangen hat alles mit dem komplizierten Erbe Kneipps. Nach Darstellung des Unternehmens legte der Pastor fest, dass der ihm verbundene Apotheker Leonhard Oberhäußer das Recht erhalten soll, Produkte mit dem Namen Kneipps zu entwickeln und zu vertreiben.

Aus der Apotheke entstanden die Kneipp-Werke und damit der Anspruch auf die Namensrechte. Es ist weltweit tätig, beschäftigt 350 Mitarbeiter, verkauft Kneipp-Produkte, lizensiert den Namen aber auch. Geschätzter Umsatz: 90 Millionen Euro im Jahr.

Bereits zu Lebzeiten Kneipps entstanden aber auch die ersten Vereine, deren Mitglieder sich seiner Lehre verschrieben. Es entstand eine Dachorganisation, der Kneipp-Bund. Dieser vertritt inzwischen etwa 600 Vereine mit knapp 160.000 Mitgliedern. Auch der Bund sieht sich also als Erbfolger Kneipps und zweifelte lange an, dass die Namensrechte alleine bei den Werken lagen.

Kneippiade sorgt für Ärger

Vor etwa zehn Jahren handelten Werke und Bund einen Vertrag aus, nach dem der Kneipp-Bund auf die Namensrechte verzichtete. Im Gegenzug verpflichteten sich die Kneipp-Werke, eine jährliche Unterstützung zu zahlen.

Doch damit ist es vorbei. Vor kurzem nämlich haben die Kneipp-Werke die Abmachung gekündigt. "Der Vertrag wurde verletzt", sagt eine Sprecherin der Werke. "Ich verstehe das nicht", sagt Bund-Präsidentin Caspers-Merk. Es geht um den Begriff "Kneippiade" - eine Art Festspiel und Volksfest der Kneipp-Jünger. Es wird alle zwei Jahre an einem anderen Ort gefeiert und durch den internationalen Dachverband der Kneipp-Vereine in Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz und den Niederlanden ausgerichtet, der Kneipp Worldwide.

Die Kneipp-Werke aber ließen sich den Namen Kneippiade eintragen. Weil das Unternehmen zu großen Einfluss auf die Veranstaltung nehmen wollte, habe Kneipp Worldwide die Löschung der Eintragung beantragt, so Caspers-Merk. Das wiederum veranlasste das Unternehmen, den Vertrag mit dem Kneipp-Bund zu kündigen und den Mittel zu streichen.

Wie es nun weiter geht, ist unklar. Für einen Kompromiss spricht allerdings wenig. Das Unternehmen kündigte lediglich an, die Kneipp-Bewegung künftig auf anderem Wege unterstützen zu wollen.

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SZ vom 01.07.2010/stl/pak
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