Süddeutsche Zeitung

Nahufnahme:Von Frauen für Frauen

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Serena Williams gründet mit zahlreichen Prominentinnen einen Fußballklub für Frauen in Los Angeles. Es geht auch um eine faire Bezahlung von Spielerinnen.

Von Jürgen Schmieder

Natürlich ist Serena Williams völlig verrückt gewesen damals. Dieses, wie sie sich heute gerne selbst beschreibt, "Mädchen aus Compton mit einem Tennisschläger und einem Traum" glaubte wirklich, dass sie Tennisprofi werden könne. Die Leute in diesem oftmals snobistischen Sport rümpften die Nase, als die junge Frau mit Perlen in ihren Haaren auftauchte, auf dem Platz auch mal fluchte und nach Siegen tanzte, wie es die Mitglieder der Gang Crips tun. Sie war verrückt genug, daran zu glauben, und sie war verrückt genug, es zu schaffen - und noch viel mehr: Sie gehört zu den besten Sportlern der Geschichte.

Zu sagen, sie gehöre zu den besten Sportlerinnen, wäre irreführend, weil es implizierte, dass nur Frauen gemeint sind. Auf Englisch ist es einfacher, da sagt man: "Greatest Athlete Ever". Es ist wichtig, weil Williams diesen chauvinistischen Zusatz schon immer verabscheut hat. Sie musste gegen Rassismus und Sexismus kämpfen, sie ist mittlerweile nicht nur tennisspielende Mutter mit 23 Grand-Slam-Titeln, sondern Ikone der Popkultur und Geschäftsfrau (ihr Vermögen wird auf 200 Millionen Dollar geschätzt) - und als solche möchte sie nun Frauen mit einem Fußball und einem Traum helfen.

Es ist ein erlesenes Konglomerat erfolgreicher Frauen, das sich da zusammengetan hat, um einen Frauen-Fußballklub nach Los Angeles zu bringen: unter anderen haben sich Williams, die Schauspielerinnen Eva Longoria, Natalie Portman und Jennifer Garner, die Tech-Legende Julie Uhrman, die Risikokapitalgeberin Kara Nortman sowie die ehemaligen Profispielerinnen Mia Hamm, Joy Fawcett und Abby Wambach eine Lizenz der Profiliga NWSL gesichert und werden im Jahr 2022 mit dem Women's Football Club Angel City (so der vorübergehende Name) ihr erstes Pflichtspiel absolvieren. Ach ja, ebenfalls Eignerin des neuen Klubs: Williams' zwei Jahre alte Tochter Alexis. Auch das ist bedeutsam.

Williams' Ehemann, Reddit-Gründer Alexis Ohanian, hat kürzlich seinen Sitz im Vorstand der Social-News-Seite aufgegeben mit der Aufforderung an das Unternehmen, ihn durch eine afroamerikanische Person zu ersetzen. "Ich sage das als Vater, der seiner schwarzen Tochter wird antworten müssen, wenn sie fragt: 'Was hast du getan?' ", schrieb er: "Rücktritt kann eine Form von Führung sein. Ich werde zudem sämtliche Gewinne aus meinen Reddit-Aktien dafür nutzen, um gegen rassistischen Hass zu kämpfen." Die Familie spricht viel über Diskriminierung, und sie lässt diesen Worten stets Taten folgen.

Es sind nicht viele Details zum Verein bekannt, in welchem Stadion er etwa seine Heimspiele austragen und von wem er trainiert werden wird. Bekannt ist jedoch: Es wird kein Mansplaining geben, also kein Besserwisser-Gerede von Männern. Die meisten der 33 Investoren sind weiblich, zu ihnen gehören auch die Schauspielerin Uzo Aduba und die Moderatorin Lilly Singh. Das Konglomerat will nicht nur einen Verein kreieren, der um Titel spielt - sondern sich auch für gerechte Bezahlung weiblicher Profis einsetzen. "Es geht um wirkliche Veränderung für weibliche Athleten", sagt Portman. Ohanian ergänzt: "Meine Frau und ich wollen, dass unsere Tochter bei dieser Revolution dabei ist."

Es ist nicht einfach, einen Profiklub zu starten - das erlebt der ehemalige Fußballstar David Beckham gerade. Sein Inter Miami CF hat gerade alle fünf Spiele der verkürzten MLS-Saison verloren und legte damit den schlechtesten Start der Liga-Geschichte hin. Man könnte also sagen, dass es ziemlich verrückt ist, diese Fußball-Franchise in Los Angeles zu beginnen. Aber natürlich ist Serena Williams verrückt genug, dass es klappen dürfte.

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SZ vom 27.07.2020
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