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Ein Stani weiß immer, was zu tun ist: Der ehemalige Fußballtrainer Holger Stanislawski will die Hamburger Handelskammer wieder in Ordnung bringen.

Von Angelika Slavik

Vielleicht kann man sagen, dass Holger Stanislawski ein Mann mit vielen Talenten ist. Das zeigt sich etwa an den vielen unterschiedlichen Jobs, die der heute 50-Jährige im Lauf seines Lebens schon gehabt hat. Stanislawski ist als "staatlich geprüfter Masseur und medizinischer Bademeister" ausgebildet, wurde Profi-Fußballer und Trainer, hat einen Abschluss als "Sportfachwirt", wurde Taktik-Erklärer im Fernsehen und besitzt in Hamburg einen fast schon absurd riesigen Supermarkt.

Vielleicht kann man aber auch sagen, dass Stanislawski in all diesen Jobs immer der Gleiche geblieben ist: ein Mann von schnoddrigem Pragmatismus, ein Malocher - so demonstrativ bodenständig, dass man es fast schon wieder kokett finden könnte. "Du hast nie 25 Spieler, die alle gleich glücklich sind", ist eine von diesen Stanislawski-Weisheiten, mit denen er längst nicht nur den Fußball erklärt. Mit seiner "Es müssen sich eben alle ein bisschen zusammenreißen"-Haltung strebt er nun wieder nach einer neuen Rolle: Er kandidiert bei den Wahlen für die Hamburger Handelskammer, die am kommenden Montag beginnen. Holger Stanislawski, der sich selbst "Stani" nennt und kaum etwas schlimmer findet, als gesiezt zu werden, dieser Holger Stanislawski will also nun Kammerfunktionär werden.

Man muss jetzt natürlich zwei Dinge über die Hamburger Handelskammer wissen. Zum einen, dass sie lange eine mächtige und sehr, sehr standesbewusste Institution in der Stadt war. Zwischen der Handelskammer und dem Rathaus gibt es einen Verbindungsgang, und ob der offen oder verschlossen ist, kann man tatsächlich nur von einer Seite aus entscheiden, nämlich auf jener der Kammer. Das zeigt ganz gut, wie die Machtverhältnisse in dieser Stadt angelegt sind. Zum Zweiten ist wichtig, dass sich die Kammer in den vergangenen Jahren, man könnte sagen: stark gewandelt hat. Sie ist nun ein chaotischer, zerstrittener Haufen, wegen unklarer Führungsstrukturen faktisch arbeitsunfähig und selbst jenen in dieser Stadt, die sich nicht über Tradition und Kaufmannsehre definieren, zutiefst peinlich. Bei den Wahlen 2017 gewann die Liste der sogenannten "Kammerrebellen", versank aber schnell im Chaos. Ende 2018 trat der Präses entnervt zurück, seither hat die Kammer nur eine interimistische Führung. Es ist nicht übertrieben zu sagen, die Handelskammer sei in einem Zustand wie der FC St. Pauli zu seinen schlimmsten Zeiten.

Wie also will Stanislawski das nun wieder hinbekommen? Wenn er gefragt wird, bleibt er jedenfalls recht vage. Er werde versuchen, "das Bestmögliche" für einen Großteil der Hamburger Unternehmer zu entscheiden, sagte er kürzlich der Zeit. Was das Bestmögliche ist? Man müsse sich erst mal genau informieren, "bevor man klugscheißt", findet Stanislawski. Er werde aber "authentisch" bleiben und sei jedenfalls ganz sicher kein Jasager, lässt er wissen. Viel pragmatischer kann ein Wahlprogramm nicht sein. Kritiker könnten es auch beliebig oder nichtssagend nennen, aber Stanislawski ist nach 18 Jahren bei St. Pauli nicht nur eine Kiezlegende, er ist eine Hamburger Ikone. Und wenn Stani nun auf der Liste "Starke Wirtschaft" kandidiert und sagt, er werde das schon machen, dann kommt keiner, der fragt, was das denn konkret bedeuten solle.

Immerhin, bei der Sache mit den Zwangsgebühren ist er sich sicher. Die "Kammerrebellen" hatten bei den Wahlen vor drei Jahren mit der Abschaffung der verpflichtenden Kammerbeiträge geworben. Ein Unding, wie Stanislawski findet. Man müsse in der Kammer einfach wieder ordentlich mit Geld umgehen, glaubt er. Was das konkret bedeuten soll? Also bitte. Ein Stani wird schon wissen, was das Beste ist. Ganz bestimmt.

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