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Nahaufnahme: Anna Banicevic: „Das Booking.com für Bootsurlaube gibt es so noch nicht, aber Zizoo ist auf gutem Weg dahin.“

Anna Banicevic: „Das Booking.com für Bootsurlaube gibt es so noch nicht, aber Zizoo ist auf gutem Weg dahin.“

(Foto: oh)

Anna Banicevic vermittelt online Urlaubsyachten. Die Branche habe die Digitalisierung gehörig verschlafen, meint die Gründerin. Sie weiß das zu nutzen.

Von Steffen Uhlmann

Umtriebig, erfindungsreich, bisweilen hyperaktiv und wohl auch schonungslos ehrgeizig - Anna Banicevic gesteht sich diese Eigenschaften uneingeschränkt zu. Die Frau ist in Berlin angekommen, um von hier aus ihr Unternehmen Zizoo voranzutreiben. Das hat sie 2014 mit drei Partnern in Wien gegründet und laut Eigenwerbung inzwischen zum größten Online-Vermittler gewerblicher Urlaubsyachten gemacht. "Zum weltgrößten", behauptet sie steif und fest. "Das haben wir per Gerichtsurteil schriftlich dokumentiert bekommen." Auf diesem schnell wachsenden Markt tummeln sich eifersüchtige Konkurrenten, die freilich bis jetzt erfolglos gegen die forsche Banicevic-Behauptung geklagt haben.

In der Yachtcharterbranche sind unzählige Charterer und Bootseigner auf dem Markt unterwegs. Entsprechend umständlich und aufwendig sind häufig die Buchungen. "Die Branche hat die Digitalisierung gehörig verschlafen", sagt Anna Banicevic lakonisch: "Das Booking.com für Bootsurlaube gibt es so noch nicht, aber Zizoo ist auf gutem Weg dahin."

Ihre Liebe zum Segeln hat die 37-jährige Wienerin mit montenegrinischen Wurzeln schon vor Jahrzehnten in den Revieren vor der irischen Küste entdeckt. Dort hatte sie einen Teil ihrer Jugend verbracht. Später studierte sie Politikwissenschaft im nordenglischen Leeds. Sie landete dann bei Google in London, wo sie diverse Marketing- und Verkaufsaufgaben übernahm. Bei Hotel- und Urlaubs-Plattformen wie Booking oder Expedia warb sie dafür, mehr Geld in ihren Suchmaschinenauftritt zu investieren. Bei diesem Job, sagt Anna Banicevic, sei ihr auch die Idee für das Yachtcharter-Portal gekommen. Doch es dauerte eine Weile, bis sie die Idee umsetzen konnte. Neben einer leistungsfähigen Software für das Portal, mussten Geldgeber und Kunden gefunden werden. Für die Software sorgten die Gründer, die sich teils schon seit früher Kindheit kennen. Auch das Gründungskapital brachten sie allein auf. Die unternehmerischen Segel setzten sie erst, als es ihnen 2016 gelang, namhafte Investoren, darunter Axel Springer mit seiner Digital-Venture-Tochter, mit ins Boot zu holen. Zwei Jahre später hat man gerade die zweite Runde abgeschlossen - mit alten und neuen Investoren und knapp sieben Millionen Euro frischem Kapital. Das Geld wird gebraucht: für mehr Mitarbeiter (nach eigenen Angaben derzeit 70) und weitere Kundenakquise, für Investitionen in die Online-Auftritte und für neue Partnerschaften, wie etwa zu Reiseveranstaltern und Reisebüros.

Charterunternehmen für Yachten wachsen zweistellig, weil sie Luxuserlebnisse erschwinglich machen. "Wir sind in den vergangenen vier Jahren sogar jeweils um das Zweieinhalbfache gegenüber dem Jahr zuvor gewachsen", sagt die Zizoo-Chefin. Allein im vergangenen Jahr hätten bereits mehr als 100 000 Kunden Yachten, Segel- und auch Motorboote über das Portal gebucht. Genaue Umsatzzahlen nennt sie nicht. Dabei war schon einmal von über 100 Millionen Euro die Rede, die man bis Ende 2020 erreichen wolle. Bis dahin, so hieß es, werde Zizoo auch profitabel sein. Das Hauptgeschäft macht Zizoo mit Kunden im Alter von 20 bis 40 Jahren, die mittlerweile zwischen 20 000 Booten und einer Vielzahl von Revieren in mehr als 30 Ländern wählen können. Partner dafür sind laut Unternehmen 1500 Charterfirmen, die dafür garantieren, dass die Boote einwandfrei sind und bei Bedarf den Skipper für die Yacht gleich mit stellen. "Ich bin das Meer und das Meer ist immer", hat der Aquanaut Jacques Cousteau einst behauptet. Anna Banicevic wünscht sich das für ihre Firma und hat sie nach Cousteaus Spitznamen "Zissou" genannt, in der Schreibweise mit "Zizoo" zeitgemäß adaptiert.

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