Nahaufnahme:Schneller als die anderen

Fredrik Hjelm / CEO Tretroller

Fredrik Hjelm: "Wir stellen ein."

(Foto: oh)

Fredrik Hjelm will mit E-Tretrollern Europas Straßen erobern. Investoren haben seinem Start-up in nur drei Monaten eine rekordverdächtige Summe anvertraut.

Von Sven Lüüs

Wer Geld bekommen möchte, präsentiert sich meistens seriös. Auf dem Bild, das Fredrik Hjelm von sich in den Medien sehen möchte, trägt er Badelatschen. Lässig lehnt er auf den Elektro-Tretrollern, die sein Start-up verleiht.

Investoren haben Hjelm und seinem Start-up Voi schon 50 Millionen Dollar anvertraut. Innerhalb von drei Monaten. Länger gibt es Voi noch gar nicht. Das ist für so ein junges Unternehmen eine enorme Summe, normalerweise sorgen schon Start-ups für Schlagzeilen, die nur einen Bruchteil davon in einer so frühen Phase bekommen. Er könne sich nicht daran erinnern, dass jemals so viel Geld in ein europäisches Start-up geflossen sei, sagt Peter Lennartz, der für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young Daten über Start-ups sammelt.

Laut dem Technologie-Nachrichtenmagazin Techcrunch kommt das meiste Geld vom Londoner Wagniskapitalgeber Balderton Capital. Neben weiteren Wagniskapitalgebern haben auch Einzelpersonen in Hjelms Start-up investiert, unter ihnen Nicolas Brusson, Chef der Carsharing-App Blabla-Car, und Justin Mateen, Mitbegründer der Dating-App Tinder.

Das Geschäftsmodell von Voi ist für die Branche eigentlich nicht außergewöhnlich: Kunden müssen eine App herunterladen, auf der sie eine Karte sehen. Dort sind die Stellen markiert, an denen Tretroller stehen, die gemietet werden können. An jedem Tretroller ist ein QR-Code, den der Kunde einscannt. Damit entsperrt er den Tretroller, um ihn zu fahren. Bezahlt wird nach Zeit per Handy.

Die Voi-Tretroller gab es zuerst in Stockholm; der Stadt, in der Hjelm 2016 sein Wirtschaftsstudium abgeschlossen hat. Im selben Jahr gründete er sein erstes Start-up, das Dienstleistungen für Hausverkäufer anbietet und seine eigene Firma, die unter anderem Daten analysiert.

Schon vor dem Erfolg von Hjelms Tretroller-Start-up war Stockholm bei Start-ups weit vorn: Laut den Daten von Ernst&Young haben Investoren im ersten Halbjahr dieses Jahres 325 Millionen Euro in Stockholmer Start-ups gepumpt. In Europa ist die schwedische Hauptstadt, die nicht einmal eine Million Einwohner hat, damit bei Start-up-Investitionen auf Platz vier hinter London, Berlin und Paris. Da gab es Voi noch gar nicht. Jetzt scheint Voi nach neuen Mitarbeitern zu suchen: Auf dem Karrierenetzwerk Linkedin steht in Hjelms persönlichem Status direkt unter seinem Bild "Voi - wir stellen ein!".

Von Stockholm aus ist Voi nach Spanien expandiert: erst nach Madrid, dann nach Saragossa, am vergangenen Montag nach Málaga. Als sein Verleih dort startete, postete Hjelm auch ein Bild von sich auf einem Voi-Tretroller in China. Was das zu bedeuten hat, schrieb Hjelm nicht dazu. Er sagt, er werde die 50 Millionen für weitere Expansion in Europa nutzen. Auch Deutschland sei ein "super interessanter Markt". Hjelm favorisiere sogar schon einzelne Städte, in denen er in Zukunft Tretroller verleihen möchte. Diese Städte nennt er aber nicht. Auch der Zeitpunkt für den Markteintritt in Deutschland stehe noch nicht fest, denn in Deutschland seien Elektro-Tretroller noch nicht zugelassen, was daran liegt, dass sie noch keine eigene Fahrzeugklasse haben. Von Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres an will das Bundesverkehrsministerium deswegen eine neue Fahrzeug-Kategorie einführen, für Elektro-Kleinfahrzeuge mit Tempo 12 bis 20. Wie die Investitionssumme in Hjelms Start-up zeigt, scheinen zumindest Investoren in Elektro-Tretrollern die Zukunft zu sehen.

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