Nahaufnahme:Roboter statt Handtaschen

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Manuela Rabener baut in London eine Fintech-Firma auf. Sie soll mit niedrigen Gebühren Investoren anlocken. Das aber könnte zum Problem werden.

Von Björn Finke

Ihr Handtaschen-Projekt hat sie aufgegeben. "Ich kenne von McKinsey lange Arbeitszeiten, aber das wäre mir einfach zu viel geworden", sagt Manuela Rabener. Die frühere Unternehmensberaterin designte in London edle Handtaschen, die sie unter dem Namen "Ella Rabener" verkaufte. Doch im vergangenen Jahr stieß die Deutsche zum Gründungsteam von Scalable Capital, einem Münchner Start-up, das Geldanlage über das Internet anbietet.

"In der Woche für Scalable arbeiten und sich am Wochenende noch den Handtaschen widmen - das wollte ich nicht", sagt die 38-jährige promovierte Betriebswirtin. Das vor zwei Jahren gegründete Unternehmen hat inzwischen knapp 40 Beschäftigte, zwölf davon sitzen im Londoner Büro. Rabener baute die Niederlassung in Großbritannien zusammen mit zwei anderen Managern auf und ist auch Marketingvorstand. Scalable Capital gehört zu den wenigen deutschen Fintechs, die den Schritt nach London, in Europas Finanzzentrum, gewagt haben. Als Fintechs werden junge Onlinefirmen bezeichnet, die Geldgeschäfte übers Handy oder im Internet anbieten, bequemer und oft billiger als etablierte Banken.

Scalable Capital ist ein sogenannter Robo-Advisor. Diese Unternehmen mischen die Vermögensverwaltung auf. Banken offerieren eine professionelle Vermögensverwaltung nur Interessenten, die mehrere Hunderttausend Euro auf der hohen Kante haben. Kleinsparern wiederum dreht der Mitarbeiter in der Filiale häufig irgendwelche Fonds an, die gerade viel Provision versprechen. Robo-Advisor wie Scalable Capital erstellen dagegen für Kunden ein Depot, das zu deren Risikoneigung passt, und sie reagieren auf Schwankungen an den Märkten, indem sie die Investments automatisch umschichten.

Die Kauf-Entscheidungen trifft bei den Münchnern kein Fondsmanager, sondern ein Computerprogramm - daher der Begriff Robo-Advisor. Die Gebühren sind deswegen niedrig, und statt Hunderttausender Euro muss der Investor bloß 10 000 Euro als Mindestanlage mitbringen.

Unter Fintech-Gründern ist das Thema gerade schwer angesagt, ständig eröffnen neue Robo-Advisor-Webseiten. Doch überleben wird nur, wer richtig viel Kundengeld einsammelt, damit er trotz geringer Gebühren Gewinn erzielt. "Unser Unternehmen wird profitabel, wenn wir so um die 800 Millionen oder eine Milliarde Euro verwalten", sagt Rabener. Wie viele Millionen die Münchner bereits anlegen, verrät sie nicht. "Aber jede Woche fließen uns zwei bis vier Millionen Euro zu." Die Firma gehöre zu den am schnellsten wachsenden Anbietern. Scalable Capital wirbt in Deutschland, Österreich und Großbritannien um Investoren. Im kommenden Jahr soll die Schweiz folgen.

Rabener kennt einen der anderen Gründer, Erik Podzuweit, von einem früheren Job: Die Managerin hat das Russlandgeschäft des Münchner Internet-Möbelhändlers Westwing aufgebaut. Und Podzuweit war zu der Zeit Deutschland-Chef der Firma. "Er fragte mich im Mai vorigen Jahres, ob ich nicht bei Scalable mitmachen will", sagt Rabener. Die Schwäbin, die in Frankfurt und Lyon studiert hatte, lebte da bereits in London. Westwing hatte sie Ende 2014 verlassen und war von Moskau an die Themse gezogen.

Dort gründete die begeisterte Handtaschenkäuferin ihre eigene Handtaschen-Marke. Schon als Beraterin bei McKinsey beschäftigte sie sich mit Mode-Unternehmen - die Branche war also nicht neu für sie. Trotzdem gab Rabener am Ende der Fintech-Firma Scalable Capital den Vorzug. "Mir fehlte auch die Arbeit im Team; ich hatte ja nur zwei Praktikanten", sagt sie. Nun hat sie wieder ein Team. Und es wächst.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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