Nahaufnahme:Plötzlich Weltenretter

Er hat Firmen übernommen und viel Geld in den Ausbau von Amazon gesteckt. Nun tut sich Jeff Bezos als Klimaschützer hervor. Woher rührt die neue Nachdenklichkeit?

Von Jacqueline Hadasch

Nahaufnahme: Jeff Bezos: "Ich möchte mit anderen daran arbeiten, neue Wege zu gehen, um den zerstörerischen Effekt des Klimawandels zu bekämpfen".

Jeff Bezos: "Ich möchte mit anderen daran arbeiten, neue Wege zu gehen, um den zerstörerischen Effekt des Klimawandels zu bekämpfen".

(Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP)

Wirtschaftsmagnat oder Weltenretter? Je älter Jeffrey Preston Bezos wird, desto stärker scheint es den 56-Jährigen zu drängen, beides zu sein. Nach zahlreichen Firmenübernahmen und Ausgaben für die Expansion seiner globalen Handelsplattform Amazon plant der Konzernchef nun eine weitere Großinvestition - diesmal in den Klimaschutz. Mit zehn Milliarden Dollar (9,2 Milliarden Euro) will er künftig Wissenschaftler und Aktivisten unterstützen, die sich gegen den Klimawandel engagieren. Vollmundig verkündete Bezos nun via Instagram: "Wir können die Erde retten". Eine Nummer kleiner tut er es nur ungern.

Für wohltätige Zwecke gibt der laut Forbes Magazin reichste Mensch der Welt aber schon seit Längerem Geld aus: Vergangenes Jahr vergab Bezos rund 100 Millionen Dollar an amerikanische Organisationen, die Obdachlosen helfen. 2018 gründete er einen Fonds zur Förderung von Vorschulen in finanzschwachen Vierteln Amerikas - und nahm dafür zwei Milliarden Dollar in die Hand. Die Liste lässt sich fortsetzen. Seine Generosität präsentiert Bezos dabei gerne öffentlichkeitswirksam. So bat der Firmenmogul bereits seine Twitter-Gefolgschaft um Vorschläge, wie er sein Geld für gemeinnützige Zwecke einsetzen könne.

Dass er nun, im Zeitalter Greta Thunbergs, öffentlichkeitswirksam große Summen in den Klimaschutz zu investieren verspricht, hat einen handfesten Grund. Jahr für Jahr ist seine Online-Plattform Amazon verantwortlich für einen gigantischen Ausstoß an schädlichem Kohlendioxid, das die unzähligen Flugzeuge, Lastwagen und Lieferautos des Konzerns in die Luft blasen, wenn sie rund um den Globus Waren und Pakete zustellen. Jetzt gelobt Bezos Besserung: "Ich möchte", schrieb er, "mit anderen daran arbeiten, sowohl bekannte Wege zu ergänzen, als auch neue Wege zu gehen, um den zerstörerischen Effekt des Klimawandels zu bekämpfen."

Aber auch eigene Mitarbeiter trauen der Initiative ihres Chefs nicht so ganz. Zwar sei seine Großzügigkeit lobenswert, schrieb die Gruppe "Amazon-Mitarbeiter für Klimagerechtigkeit" auf Twitter. Zunächst aber müsse der Konzern selber umweltfreundlicher werden, forderten sie. So müsse der Online-Konzern seine Lkws endlich von Diesel- auf Elektromotor umstellen.

Vielleicht hat die neue Nachdenklichkeit des Amazon-Chefs aber auch damit zu tun, dass er derzeit an einem besonders prominenten Beispiel erleben kann, wie zweifelhaft ungebremstes Machtstreben ist. Denn neuerdings ist Bezos in einen ziemlich unangenehmen Konflikt mit US-Präsident Donald Trump verwickelt. Der bekundet nicht nur öffentlich, kein Fan von Bezos zu sein; via Twitter kanzelte er den Konzernchef als "Bozo" ab - als Trottel. Überraschend vergab das Weiße Haus kürzlich den Auftrag für den Aufbau einer großen Internet-Cloud zur Kommunikation mit dem Militär an den Rivalen Microsoft - obwohl Amazon als klarer Favorit gegolten hatte. Bezos, dem seit 2013 die amerikanische Traditionszeitung Washington Post gehört, vermutet als Grund für die Abfuhr, dass deren kritische Berichterstattung dem Mann im Weißen Haus gründlich auf die Nerven geht. Deshalb will er Trump auch dazu zwingen, vor Gericht unter Eid zu der Auftragsvergabe auszusagen. Immerhin geht es bei dem Staatsauftrag um zehn Milliarden Dollar - das ist genauso viel wie die Klimaschutzspende des Amazon-Chefs.

Ein erprobter Kämpfer ist Jeff Bezos abber allemal. 1994 gründete er sein Internetkonglomerat in seiner Garage. Damals verkaufte Amazon ausschließlich Bücher im Internet. Und, heute kaum zu glauben: Die Bestellungen brachte der damals 30-Jährige seinen Kunden noch persönlich vorbei.

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