Süddeutsche Zeitung

Nahaufnahme:Nicht zahlen, aber kassieren

Der Braunkohle-Investor Křetínský kann auf eine Entschädigung hoffen.

Von Michael Kläsgen

Der tschechische Unternehmer und Investor Daniel Křetínský ist in kurzer Zeit sehr reich geworden. So reich, dass nun darüber spekuliert wird, er könnte den mehr als fünf Milliarden Euro schweren Handelskonzern Metro gemeinsam mit einem Partner komplett übernehmen. Das ruft bei manchen Neid und Missgunst hervor. Kann das mit rechten Dingen zugehen? Vielleicht liegt der Grund für seinen Reichtum aber auch darin, dass Křetínský sehr geschickt investiert. Investiert?

Nun ja, für die ostdeutschen Braunkohle-Unternehmen Leag und Mibrag soll er nichts gezahlt haben, als er sie 2016 nach langen Verhandlungen vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall übernahm. Über die Details des Kaufvertrags wurde Stillschweigen vereinbart, unwidersprochen ist derweil, dass Vattenfall den neuen Besitzern, Křetínskýs Holding EPH und PPF Investments, für die Rekultivierung der Region etwa 1,7 Milliarden Euro mit auf den Weg gab. Damit sollten sämtliche Verpflichtungen abgegolten sein, von möglichen Folgeschäden durch den Tagebau bis hin zu Pensionsrückstellungen.

Schon damals stellten sich viele die Frage, warum er das macht. Der Ausstieg aus der Braunkohle stand schon damals auf der Agenda in Deutschland, und nicht nur dort, auch in Schweden. Vattenfall verkaufte vor allem, weil der Konzern nicht als Dreckschleuder Europas gelten wollte. Schon 2016 behaupteten manche, Křetínský wolle sich später, wenn der Ausstieg kommt, wieder teuer aus der schmutzigen Industrie herauskaufen lassen.

Jetzt, nachdem die Kohlekommission ihre "Empfehlungen" ausgesprochen hat und Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe für die Unternehmen in Aussicht stellte, bewahrheiten sich die Vermutungen. Spricht man Křetínský darauf an, reagiert er gereizt. Wofür er sich anschließend entschuldigt.

Křetínský, 43, ist in einer großbürgerlichen Familie in Tschechien aufgewachsen und legt wert auf Etikette. Verheiratet ist er mit der Tochter von Petr Kellner, dem der Braunkohle-Partner PPF Investments gehört. Nein, sein Einstieg sei keine Wette auf den Ausstieg gewesen, sagt er. "Ohne Braun- und Steinkohle würde Deutschland morgen stillstehen". Überall in Europa kauft er Braunkohle-Standorte auf.

Offiziell bezieht EPH zu der aktuellen Diskussion keine Stellung und verweist an Leag. Das Lausitzer Energieunternehmen wird die Verhandlungen mit der Bundesregierung für Křetínský führen. Es herrscht Zeitdruck. Bis Mitte 2020 will sich die Bundesregierung mit den Betreibern geeinigt haben. Mit wie viel Geld Křetínský am Ende entschädigt wird, hängt vom Ergebnis der Verhandlungen ab.

Im Abschlussbericht der Kohlekommission ist von 600 Millionen Euro Entschädigung pro abgeschaltetem Gigawatt Strom die Rede. Es könnten also Milliarden werden, da Leag und Mibrag mehr als acht Gigawatt betreiben. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Sascha Müller-Kraenner nennt die Zahl von möglichen 1,8 Milliarden Euro bis 2022. Die Entschädigungen könnten aber auch gegen null tendieren, wenn die Regierung geschickt verhandelt und Křetínský Rechtssicherheit für verlängerte Restlaufzeiten bietet. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Grünen in Sachsen, schätzt, dass sich die Parteien am Ende auf einen Vergleich einigen, also irgendwo in der Mitte.

Křetínský wird am Ende also irgendwie wieder seinen Schnitt gemacht haben. Zur Not droht er damit, die ostdeutschen Werke pleitegehen zu lassen. Denn wer dafür haftet, ist unklar. Anderswo, vor allem in Osteuropa, sind seine Braunkohlefirmen übrigens wahre Geldmaschinen. Am nötigen Geld für die Metro wird es also wohl nicht mangeln.

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Quelle:
SZ vom 18.02.2019
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