Nahaufnahme:Kunst und Schokolade

Nahaufnahme: Kristiane Kegelmann: „Pralinen sind nun mal keine Gummibärchen.“

Kristiane Kegelmann: „Pralinen sind nun mal keine Gummibärchen.“

(Foto: Pujan Shakupa)

Ihre Pralinés sehen aus wie Kunst. Kein Wunder: Kristiane Kegelmann ist Bildhauerin und Patissière.

Von Jacqueline Lang

Handwerk oder Kunst? Diese Entscheidung bei Kristiane Kegelmanns Pralinen zu treffen, fällt als Betrachter nicht immer leicht. Für die Patissière hingegen ist klar: "Für mich sind die Pralinen keine Kunst, sondern lediglich ein künstlerisches Produkt." Anders als häufig behauptet worden sei, gehe es ihr deshalb auch nicht in erster Linie darum, eat art, essbare Kunst also, zu entwerfen. Das habe sie probiert, habe sogar Kunstinstallation aus Nahrungsmitteln gefertigt, die die Betrachter "deformieren", also probieren konnten - aber dauerhaft nur das machen, das wolle sie nicht.

Vielmehr will sie ihre Arbeit als Bildhauerin von ihrer Arbeit als Patissière in Zukunft noch besser trennen können. Ihr Atelier bleibt deshalb im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, ihre Pralinenküche Pars Praline hat sie im April nach Kreuzberg umgezogen. Ihre Kunst, die sei frei, sagt die 28-Jährige, das Schokokonfekt ein Konsumgut zum Genießen - wenn auch, das gibt sie zu, ein besonders ästhetisch ansprechendes: Kegelmanns Pralinen, das sind kantige Gebilde. Sie sind nicht, wie sonst üblich rund, sondern haben die Form von Zylindern und Pyramiden, muten durch feine Schichten aus Blattgold und allerlei Naturfarben fast futuristisch an.

Im Inneren überraschen sie die Geschmacksnerven unter anderem mit einer Mischung aus Roter Bete und Schokolade mit Kefirmilch oder mit einer Melange aus Sonnenblumenkernen, Äpfeln und Honigschokolade. Ein wenig erinnern die Pralinen an die Künstlerin selbst, die elegant und doch ziemlich lässig wirkt: wild abstehende Haare, volle roten Lippen, durchdringende braune Augen, blaue Culotte, ein karierter Oversize-Blazer, dazu eine schwere Goldkette. Was wie zufällig wirkt, ist in Wahrheit Liebe zum Detail.

Vor- oder gar Überproduktionen gibt es bei Kegelmann nicht, denn auch Privatkunden müssen, um in den Genuss von Kegelmanns Pralinés kommen zu können, zunächst bestellen - und bis zu zwei Wochen auf die Bestellungen warten. Auch ganz billig sind ihre Pralinen nicht: Fünf Euro kostet eine einzige. Das sei gewollt. "Pralinen sind nun mal keine Gummibärchen", sagt sie. Wer ein hochwertiges Produkt wolle, der müsse auch bereit sein, den angemessenen Preis dafür zu zahlen. "Qualität ist hier kein Aushängeschild, sondern die Ausgangsbasis", sagt Kegelmann. Die Liste ihrer bisherigen Kunden spricht für sich: Bulgari, Louis Vuitton, Porsche und Google.

Ein Geschäft braucht sie für die Akquise ihrer zahlungsfreudigen Kunden offenbar nicht. Mit ihrem neuen Onlineshop soll es nun aber auch Privatkunden möglich sein, in den Genuss ihrer Pralinen zu kommen. Zumindest jenen, die sich das leisten können oder wollen.

Wertschätzung ist Kegelmann wichtig. Sich und ihre Arbeit unter Wert zu verkaufen, wäre ihr selbst am Anfang ihrer Karriere nie in den Sinn gekommen. Kegelmann kann schon lange von ihrer Kunst leben. Trotzdem hat sie sich nun dazu entschlossen, sich mit Stefanie Hanssen und Laura Brendler zusammenzutun. Die eine verkauft ausgefallene Düfte, die andere fertigt Schmuck per 3-D-Drucker. Zusammen bilden sie nun ein eine Art Kollektiv. Es gehe um eine projektbezogene Zusammenarbeit, darum, gemeinsam präsenter zu sein, mehr Kunden zu erreichen, sagt Kegelmann. Im Mai zum Beispiel, werde sie für einen Duft von Hanssen eine Praline entwickeln. Nicht ein, zwei Sinne sollen so angesprochen werden. Ergänzung, das sei die Idee hinter der Kooperation. Dass sie alle drei Frauen sind, sei eigentlich bloß Zufall, sagt Kegelmann. Gleichzeitig hat sie in der Vergangenheit häufig die Erfahrung gemacht, dass Frauen sich gegenseitig eher unterstützen als Männer: "Die machen einfach nur ihr eigenes Ding, Frauen helfen sich gegenseitig."

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