Nahaufnahme:Krieger der Sterne

Nahaufnahme: „De facto brauchen die Leute Vertrauen, bevor sie irgendwas kaufen."

„De facto brauchen die Leute Vertrauen, bevor sie irgendwas kaufen."

Michael Ambros hat Fake-Bewertungen im Internet den Kampf angesagt. Er behauptet, seine Sterne seien die einzig glaubwürdigen.

Von Thomas Fromm, Michael Kläsgen

So ziemlich jeder, der mal im Internet unterwegs war, und das sind ja viele, kennt solche Sternchen wie die von Michael Ambros. Es sind Sternchen mit viel Macht und sie werden bald noch mächtiger. Kunden vergeben diese Sternchen und bewerten damit, wie gut ein bestimmtes Restaurant, Hotel oder ein Klamottenladen waren. Deshalb entscheiden Sternchen wie die von Ambros darüber, ob die Kunden wieder kommen und wo sie ihr Geld ausgeben. Sie entscheiden darüber, wo ein Unternehmen im Internet gelistet wird: oben oder unten. Wer unten ist, hat verloren.

Klar, solche Bewertungen sind im Internet gang und gäbe. Es gibt ziemlich viele davon. Gerade weil sie so wichtig sind, schrecken manche Unternehmen nicht davor zurück, sie zu fälschen, um so ihr Internet-Rating zu pushen. Michael Ambros hat diesen "Fake-Bewertungen"" den Kampf angesagt. Sein Unternehmen namens Ekomi überprüft, ob die Bewertungen echt sind. Das Berliner Start-up darf dabei exklusiv das TÜV-Saar-Siegel vergeben. Partner ist Google, Investoren sind Goldman Sachs und Tengelmann Ventures. Ambros sagt, nur seine Sterne seien ein verlässliches Gütesiegel, eine Währung, die Qualität belohnt. Das behauptet er jedenfalls.

Ambros, 33, flog in der Berliner Start-up-Szene lange unter dem Radar. Er sieht abgearbeiteter aus, als man sich einen jungen IT-Unternehmer vorstellt. Augenringe, Wuschelbart. Trotz der eisigen Münchner Temperaturen trägt er ein T-Shirt, darüber eine nicht allzu dicke Jacke, hinter sich zieht er einen Rollkoffer her. Ambros ist viel unterwegs, er sieht zwar müde aus, aber wenn er redet, ist er hellwach - und schnell. Er spricht einen Slang aus Fränkisch und Amerikanisch. "Die Leute wollen Trust", sagt er. Oder: "De facto brauchen die Leute Vertrauen, bevor sie irgendwas kaufen." Und das Vertrauen liefert Ekomi, sagt er. Glaubt man's? Nun, ja, ziemlich viele Unternehmen wie Lidl, Tchibo, Douglas und Esprit sind Kunden von Ekomi, auch zahlreiche US-Firmen. Insgesamt sind es 14000 Firmen und über 40 Millionen Bewertungen. Ambros will weiter wachsen und Konkurrenten übernehmen.

Natürlich kennt er die USA, einer wie er ist schon oft im Silicon Valley gewesen. In Regensburg und im französischen La Rochelle hat er BWL studiert. Nach Frankreich verschlug es ihn wegen einer französischen Freundin, die er damals hatte. Aber immer wieder erzählt er von Berlin - "die beste Stadt für Start-ups". Er hat schon einige Unternehmen gegründet, aber Ekomi ist mit seinen 250 Beschäftigten, der Zentrale in Berlin und Büros in Städten wie London, Madrid und Los Angeles wohl der wichtigste Teil des kleinen Imperiums dieses Mannes. Ekomi gehört zur Medici-Gruppe, die Ambros mit seinem Freund Gunther Schmidt gründete. Beide spielten in ihrer Jugend in Bad Windsheim in der Stadtkapelle, Ambros Saxofon, Schmidt Trompete. Dann wurden sie Geschäftspartner. Schmidt sei gerade auf den Titelblättern in den USA, sagt Ambros. Weil Medici auch Co-Living anbiete. Das sei nach Co-Working, Car-Sharing und Airbnb jetzt ein ganz heißes Thema: Wohnraum in Zentrum teurer Städte etwa für Studenten. In Chicago steht die Vorzeige Massen-WG. Ein Wohnkomplex mit Bar, Terrasse und Räumen zum Chillen. In Berlin hatte Medici schon Ärger wegen der hohen Preise. Ambros sagt, er sei bei dem Thema ganz "bullish". Noch "bullisher" als bei Ekomi, so scheint es. Dabei werden die Bewertungen ihre wahre Macht erst entfalten, wenn die Dinge im Internet of Things miteinander kommunizieren und automatisch das Produkt mit dem höchsten Ranking ordern. Ambros sagt: "De facto, das stimmt. Das kann für manche Unternehmen grausam werden."

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