Nahaufnahme:Konkurrenz belebt

Nahaufnahme: "Die Monopolkommission muss daran arbeiten, noch mehr gehört und besser wahrgenommen zu werden", sagt Jürgen Kühling.

"Die Monopolkommission muss daran arbeiten, noch mehr gehört und besser wahrgenommen zu werden", sagt Jürgen Kühling.

(Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Jura-Professor Jürgen Kühling ist jetzt Chefberater der Bundesregierung in Fragen zum Wettbewerb.

Von Caspar Busse

Wettbewerb findet Jürgen Kühling, 49, grundsätzlich gut. Auf dem Campus der Universität Regensburg, wo er seit 2007 Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Immobilien ist, hat vor einiger Zeit ein neues italienisches Restaurant eröffnet, mit frischem Angebot und renoviertem Inneren. Die Folge: Auch die Betreiber der bisher einzigen anderen Wirtschaft seien plötzlich besser geworden, erzählt er. Konkurrenz belebt eben das Geschäft.

Seit Mitte September ist Kühling - zusätzlich zu seinem Job in Regensburg - Vorsitzender der Monopolkommission, das angesehene, aber in der Öffentlichkeit nicht so bekannte Expertengremium mit Sitz in Bonn berät die Bundesregierung in Wettbewerbsfragen. Der Vorsitz wechselt traditionsgemäß alle vier Jahre zwischen einem Ökonomen und einem Juristen. Die vergangenen vier Jahre hatte der Mannheimer Wirtschaftsprofessor Achim Wambach die Kommission geführt. Kühling hat dabei viel von seinem umtriebigen Vorgänger gelernt, denn er ist bereits seit 2016 einfaches Mitglied des Gremiums. Damals wurde Kühling, der nicht verwandt mit dem früheren Verfassungsrichter gleichen Namens ist, Nachfolger von Daniel Zimmer, der die Kommission in einem Eklat verlassen hatte; der Jurist war damals nicht damit einverstanden, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Übernahme von Tengelmann gegen den Rat der Experten durchgewunken hat.

Kühling hat sich vorgenommen, in der Öffentlichkeit mehr für die Idee des Wettbewerbs zu werben. "Die Monopolkommission muss daran arbeiten, noch mehr gehört und besser wahrgenommen zu werden. Sicher werden auch die Kontakte zur EU-Kommission noch intensiver werden", sagt er. Gerade im digitalen Bereich leidet die Konkurrenz. Monopolisten wie Google, Facebook oder Amazon beherrschen den Markt, zum Nachteil der Verbraucher. Wichtig sei dabei, die Wettbewerbsbehörden zu stärken. "Das Kartellamt braucht mehr Ressourcen, um auf den digitalen Märkten wirklich auf Augenhöhe sein zu können", fordert Kühling. Schon jetzt geht die Behörde mit seinen rund 350 Mitarbeitern beispielsweise gegen Facebook oder Amazon vor, aber oft dauern die Verfahren lange.

Kühling kennt die Themen und hat bereits zur Regulierung der Telekommunikationsbranche geforscht. Eigentlich wollte er mal Journalist werden, studierte dann Jura in Trier, Nancy und Brüssel. In Bonn wurde er schließlich Professor, war dann zunächst in Karlsruhe tätig, bevor er - zusammen mit seiner Familie - nach Regensburg ging. "Für mich ist die Monopolkommission ein großes Glück, das passt auch zu hundert Prozent zu meiner Forschungstätigkeit", sagt er. Er empfinde es als befriedigend, wenn man eigene Ideen habe, die dann möglicherweise Eingang in Gesetze finden. Bundesweite Bekanntheit erlangte der Jurist zuletzt, weil er als Prozessbevollmächtigter die Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen den Berliner Mietendeckel betreut. Er setze sich gerne für das Gemeinwohl ein, vertrete dabei aber das, was er für richtig halte, sagt er. Das Gesetz zur Mietenbegrenzung in Berlin gehört jedenfalls nicht dazu.

Dabei geht die Monopolkommission durchaus auch populäre Themen an. Im jüngsten Hauptgutachten etwa wurde die Vergabe der Fernsehrechte an der Fußball-Bundesliga kritisiert, was auch in der Boulevard- und Sportpresse Beachtung fand. Wenn zwei Anbieter die Spiele übertragen, wie von Mitte 2021 an (nämlich Sky und Dazn) , zahle der Zuschauern viel, der Wettbewerb nehme aber nicht zu, so die Kommission. Auch Kühling, der in der Nähe von Hannover aufwuchs und deshalb noch immer Anhänger des zweitklassigen Hamburger SV ist, sieht das übrigens kritisch.

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