Diesen Weg hat Christian Miele, 32, sein Vorgänger geebnet. Vor wenigen Wochen änderte der Berliner Bundesverband Deutsche Startups seine Satzung. Dem Vorstand dürfen künftig nicht nur Gründer, sondern auch Investoren angehören. Am 17. Dezember soll es so weit sein. Die etwa 950 ordentlichen Verbandsmitglieder sollen Miele zum Vorstandschef wählen. Er ist Investor, seit 2015 ist er Partner des Risikokapitalgebers Eventures, und das bleibt er auch. Miele soll die Nachfolge von Florian Nöll, 36, antreten, der den Verband 2012 mitgegründet hat. Dass er nicht mehr will, hatte Nöll schon vor gut einem Jahr wissen lassen. Im März gab der Vorstand bekannt, dass er Mieles Kandidatur unterstütze.
Noch vor der Wahl preschte Miele in einem Interview mit dem Handelsblatt vor, in dem er nicht mit Kritik spart. "Der Verband thematisierte alles ein bisschen, es fehlte an einem klaren Profil." Und Miele erklärt, was er besser machen will. Der Verband soll "schnell und effizient" arbeiten und sich auf zwei Themen fokussieren: Mitarbeiterbeteiligung und Zukunftsfonds. Klingt neu, ist es aber nicht. Das sind Themen, denen sich der Verband schon bisher widmete. Die Strategie, wie der Verband sich künftig ausrichten wolle, sei in den vergangenen Monaten gemeinsam entwickelt worden, sagte Nöll der SZ. Und dass er selbstbewusste Menschen schätze. "Auch er habe eine gesunde Grundnaivität gehabt, als er den Verband mitgründete. Frischer Wind tut dem Verband gut."
Selbstbewusst ist Miele, und der Verband ist ihm nicht fremd. Als Gründer des längst verkauften Ticketvermarkters Todaytickets saß er im erweiterten Vorstand. Er gehört dem Kuratorium an. Er hat für Rocket Internet und Kreditech gearbeitet. Was Miele im Interview sagt, liest sich nur wie ein Sturm. Kandidaten für Vorstand, Präsidium, Beirat und Kuratorium hat der Neue schon zusammen. Die Namen, darunter Felix Jahn (McMakler), Oliver Samwer (Rocket), David Hanf (Thermondo) Hakan Koc (Auto1), Valentin Stalf (N26), Ann-Kristin Achleitner (TU München), zeigen, wie viel Kraft in Mieles Netzwerk steckt. "Ein besseres Team werden wir nie wieder stellen können", postete Miele am Montag über das Netzwerk Linkedin.
Er selbst trägt einen großen Namen. Sein Onkel Markus Miele ist geschäftsführender Gesellschafter des Gütersloher Hausgeräteherstellers Miele. Mit seinem Onkel tausche er sich oft aus, sagte Christian Miele, mal in einem SZ-Interview. "In meiner Brust schlagen zwei Herzen." Er sei in der schnelllebigen Welt der Gründer unterwegs, fühle sich aber auch dem Traditionsunternehmen verbunden. So fern sind sich die beiden Welten gar nicht. Die meisten Traditionsfirmen haben als Start-up angefangen.
Und Start-ups halten sie jung. Wie einige Familienunternehmen leistet sich auch Miele einen eigenen Risikokapitalgeber. Der vermeldete am Montag die Übernahme von Marke, Know-how und weiterer Vermögenswerte des 2013 gegründeten Start-ups Agrilution. Es bietet vollklimatisierte Gewächsschränke, in denen sich zuhause Kräuter und Salate ziehen lassen. Ein solcher Plantcube kostet fast 3000 Euro. Agrilution hatte nach einer gescheiterten Finanzierung Insolvenz angemeldet.
"Ich übergebe ein gut bestelltes Haus", sagt Florian Nöll. Dass Miele so namhafte Personen für Beirat und Präsidium habe gewinnen können zeige, dass der Verband eine starke Marke sei. "Wenn alles nur schlecht gewesen wäre, hätte man ja auch gleich einen neuen Verband gründen können." In wenigen Tagen gibt Nöll sein Amt auf. Seit Anfang November arbeitet er für das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen PwC. Er kümmert sich um "Start-ups" und "Scale-ups", um Gründer und Erwachsene.