Nahaufnahme:Jetzt kommt ein Sanierer

Jörn Werner, Nahaufnahme

"Ich sehe bei Ceconomy das Potenzial für eine erfolgreiche Zukunft."

(Foto: OH)

Monatelang wurde gesucht, jetzt ist klar, wer die Elektronikkette Media-Saturn aus der Krise führen soll: Jörn Werner, der einst ATU sanierte.

Von Caspar Busse

Mit Reparaturen und aufwendigen Sanierungen kennt sich Jörn Werner, 57, gut aus. Als Jugendlicher hat er sein Zündapp- Moped mehrfach auseinandergenommen und wieder zusammengebaut, es fuhr auch danach noch, obwohl das eine oder andere Teil übrig blieb. Später schraubte er an Autos herum. "Ich habe sogar mal einen alten Jaguar komplett saniert", erzählte er in einem Interview. Damals war er noch Chef der bundesweit agierenden Werkstattkette ATU, die er vor dem fast sicheren Aus gerettet hatte, jetzt läuft es wieder, im vergangenen Jahr wechselte er deshalb in den ATU-Aufsichtsrat.

Von März an wird Werner nun einen neuen - und voraussichtlich noch komplizierteren - Saniererjob übernehmen, er wird Vorstandsvorsitzender der Ceconomy AG, zu der unter anderem die Elektronikketten Saturn und Media-Markt gehören. Das Unternehmen, das im Sommer 2017 aus einer Zweiteilung des Metro-Konzerns entstanden ist, betreibt mehr als tausend Geschäfte in Europa, kommt mit 59 000 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 21,4 Milliarden Euro - und ist in argen Turbulenzen. Die Zahlen sind nicht gut, die Konkurrenz durch Online-Händler wird immer größer. Auf Werner wartet ein harter Job, Ceconomy ist zudem deutlich größer als alle bisherigen Unternehmen, für die er gearbeitet hat. ATU hatte einen Umsatz von nur einer Milliarde Euro, davor war Werner unter anderem beim kleineren Elektronikhändler Conrad Electronics und beim Werkzeuganbieter Berner tätig.

"Ich freue mich sehr, diese spannende Phase mitgestalten zu können", teilte Werner nun mit. Ceconomy habe "das Potenzial für eine erfolgreiche Zukunft". Das sehen derzeit nicht alle so: Der Kurs der Aktie ist zuletzt deutlich nach unten gegangen, von über zwölf Euro auf noch gut vier Euro. An der Börse ist die Firma nur noch 1,5 Milliarden Euro wert. Elektronikmärkte mit Riesenflächen funktionieren nicht mehr wie früher, die Preise werden durch das Internet immer transparenter, stetige Rabattaktionen sind die Folge. Dazu kam ein jahrelanger Streit mit dem inzwischen verstorbenen Mitgesellschafter Erich Kellerhals - und nun die lähmende Suche nach einem neuen Management. Werners Vorgänger, Pieter Haas, war im Oktober 2018 mit sofortiger Wirkung gegangen, Aufsichtsrat Bernhard Düttmann führt die Geschäfte seitdem übergangsweise. Danach verlor Ceconomy auch noch den Finanzvorstand, diese Funktion übernimmt jetzt Karin Sonnenmoser, 49, die vom österreichischen Leuchtenhersteller Zumtobel kommt.

Jede Menge Baustellen. Als Werner einmal vom Anfang seines Saniererjobs bei ATU erzählte, sagt er: "Meine erste Aufgabe war, die Blutung zu stoppen." Dann habe er ein schlagkräftiges Management zusammenstellen und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell entwickeln müssen. Ähnlich wird es nun wohl auch wieder sein.

Werner wurde in Norddeutschland geboren und wuchs in Dänemark auf. Dort ging er gerne surfen, aus Schaumblöcken hat er sich Surfbretter gebastelt. Er studierte Betriebswirtschaft und Psychologie in Göttingen und Hamburg und arbeitete dann zunächst in Dänemark, wo er sich einen direkten und unprätentiösen Führungsstil angewöhnte. Heute wohnt der Vater von zwei Söhnen in Amberg in der Oberpfalz, hundert Kilometer von Ingolstadt entfernt, wo Media-Saturn sitzt. Ceconomy hat seine Hauptverwaltung in Düsseldorf. "Er hat mehrfach bewiesen, dass er auch in herausfordernden Situationen Geschäftsmodelle erfolgreich transformieren und nachhaltiges Wachstum schaffen kann", begründete Jürgen Fitschen, der Aufsichtsratschef von Ceconomy und frühere Deutsche-Bank-Boss, die Entscheidung des Gremiums für Jörn Werner. Die Erwartungen an den Neuen sind hoch.

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