Nahaufnahme:"Ich liebe den Sieg"

Nahaufnahme: John Legere: „Ich schrecke vor nichts zurück. Die Größe und das Ausmaß der Unternehmen, die ich mir vornehme – dazu braucht man Mut.“

John Legere: „Ich schrecke vor nichts zurück. Die Größe und das Ausmaß der Unternehmen, die ich mir vornehme – dazu braucht man Mut.“

(Foto: Bloomberg)

John Legere ärgert die Konkurrenz von T-Mobile USA. Er wettert vor allem gegen die größten Wettbewerber AT&T und Verizon. Sie seien "dumm und dümmer".

Von Kathrin Werner

John Legere verteilt gern fiese Spitznamen. Neuerdings nennt der Chef von T-Mobile USA seinen größten Konkurrenten AT&T am liebten "DeATThStar" - nach dem Todesstern aus Star Wars, dem Ort des Bösen. Wenn Legere über seine Branche spricht, sagt er Dinge wie "dumme, kaputte, arrogante Industrie". AT&T und Verizon nennt er immer und immer wieder "Dumm und Dümmer". Einmal rief er bei einer Firmenveranstaltung, das "Duopol" aus AT&T und Verizon würde die Kunden "vergewaltigen".

Legere ist 60 Jahre alt, langhaarig und nie ohne seine Magenta-farbene T-Mobile-Kluft unterwegs. Wenn er sonntags kocht, macht er das in Magenta-Schürze über Magenta-Shirt und vor laufender Kamera, die alles live auf Twitter überträgt. Am vergangenen Sonntag gab es Knoblauchhühnchen. "Am Anfang war er ein kultureller Alien. Ein bisschen wie ein Rockstar in einem Symphonieorchester", sagte Ex-Telekom-Chef René Obermann einmal über ihn.

Legere kann sich jede Extravaganz erlauben, denn er hat Erfolg. Über Jahre hinweg war die US-Tochter das Sorgenkind der Deutschen Telekom. Ein geplanter Verkauf scheiterte. Das iPhone hatte T-Mobile als einziger großer Netzbetreiber nicht im Angebot. "Wir waren der am schnellsten schrumpfende Mobilfunkkonzern in Amerika", analysierte Legere. Doch nachdem Legere, der vor Jahren selbst mal bei AT&T gearbeitet hatte, im Herbst 2012 bei T-Mobile anheuerte, änderte sich das rasant.

Inzwischen hat T-Mobile USA 24 Quartale in Folge jeweils mehr als eine Million neue Kunden gewonnen. Legere verbesserte den Kundenservice, vereinfachte die Handyverträge und machte sich selbst zum Gesicht einer gigantischen magentafarbenen Marketingkampagne, Beleidigungen der Konkurrenz inklusive. Legere hat sogar eigene Emojis entwickeln lassen, im Apple Store zum Beispiel kann man eine Spezialtastatur mit grimassierenden Comic-Legeres herunterladen. Sechs bis sieben Stunden verbringt er in sozialen Medien, jeden Tag. "Das ist kein Spiel", sagt Legere. "Es ist ein unglaublich wertvolles Werkzeug." Kaum ein Konzernchef ist bekannter in den USA, den Kunden gefällt das neue Image. Im vergangenen Jahr zahlte ihm der Konzern 66,5 Millionen Dollar Gehalt dafür - fast zehnmal so viel wie Telekom-Chef Tim Höttges.

Nun ist Legere bei dem größten Projekt seiner T-Mobile-Karriere einen großen Schritt weitergekommen. Seit Jahren schon arbeitet er an dem Zusammenschluss mit dem kleineren Konkurrenten Sprint, ist aber bislang an kartellrechtlichen Einwänden gescheitert. Nun erklärte der Chef des zuständigen US-Regulierers FCC, Ajit Pai, er werde seiner Behörde empfehlen, die Fusion zu genehmigen. Vor gut einem Jahr hatte sich die Telekom nach langem Ringen mit dem Sprint-Haupteigner Softbank auf die Details des Zusammengehens geeinigt.

Zusammen wollen die beiden Anbieter jährlich mehr als sechs Milliarden Dollar Kosten sparen und mit etwa 130 Millionen Mobilfunkkunden bessere Chancen haben, den größeren Anbietern Verizon und AT&T Marktanteile abzujagen. "Ich könnte nicht optimistischer sein", schrieb Legere bei seinem Lieblingsmedium Twitter. Allzu lang dürfte Legeres Freude über die FCC allerdings nicht gehalten haben, denn kurz darauf gab ein Medienbericht neuen Anlass zur Sorge: Auch das US-Justizministerium muss die Fusion genehmigen - und das neige derzeit eher zur Ablehnung. Die großen, alten Konkurrenten AT&T und Verizon werden die Nervensäge Legere so bald nicht los. Aufgeben liegt nicht in seiner Natur. "Ich liebe den Sieg", schrieb er über sich im Harvard Business Manager. "Besonders, wenn andere dabei als Verlierer dastehen."

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