Nahaufnahme:Ganz dünnes Eis

Nahaufnahme: Doug Bouton: "Ich liebe Eis schon immer und bin mit ’Chunky Monkey’ von Ben & Jerry’s aufgewachsen."

Doug Bouton: "Ich liebe Eis schon immer und bin mit ’Chunky Monkey’ von Ben & Jerry’s aufgewachsen."

(Foto: Tiffanie Byron)

Doug Bouton ist eigentlich Jurist, aber verkauft erfolgreich kalorienarmes Eis. Seine Kunden nennt er "Fans".

Von Felicitas Wilke

Doug Bouton könnte genauso gut in einer Anwaltskanzlei sitzen. Stattdessen reist er Eis essend durch die Welt. Nicht nur aus Spaß. Natürlich nicht, sagt er. Es geht ums Geschäft. Er muss "neue Geschmacksrichtungen testen". Der 34-jährige US-Amerikaner ist Chef des Eisherstellers Halo Top, dessen Kreationen seit knapp einem Jahr auch in deutschen Gefrierfächern stehen. Das Unternehmen stellt kalorienarmes Eis her, das dennoch süß sein soll. Ganz dünnes Eis also.

Vor sieben Jahren mixte Justin Woolverton, auch Jurist, sein erstes kalorienreduziertes Eis, mit einer 20-Dollar-Maschine. Es schmeckte - und Woolverton witterte eine Geschäftsidee. Beim Basketball traf er auf Doug Bouton, der damals schon keine Lust mehr hatte, in einer Kanzlei fremdbestimmt zu arbeiten, wie er sagt. "Es war fast Schicksal, dass er zur gleichen Zeit einen Geschäftspartner suchte, als ich meinen Job kündigte", sagt Bouton heute.

Sie feilten an der Rezeptur, süßten mit Stevia statt Zucker und brachten ein Eis auf den Markt, das nur rund 300 Kalorien auf einem knappen halben Liter enthält. Das ist ungefähr ein Viertel von dem, was in den klassischen Eissorten von Ben & Jerry's oder Häagen-Dazs steckt. Proteine statt Zucker, stark statt dick werden, solche Botschaften passen in die Zeit - und machten Halo Top vor zwei Jahren zur erfolgreichsten Eiscreme in den USA, noch vor den beiden namhaften Konkurrenten.

Jetzt will Bouton den Erfolg wiederholen, diesmal in Europa. Im September verkauften er und Woolverton das US-Geschäft von Halo Top an den Eishersteller Wells Enterprises. Während der Gründer eine Pause einlegt, verantwortet Bouton als Chef einer neu gegründeten Gesellschaft die Expansion ins Ausland. In Deutschland verkauft bislang nur Edeka das kalorienarme Eis. Es lagert, wie man es von den anderen US-Eisherstellern kennt, in einer runden und hohen Pint-Verpackung, ist mit seinem golden schimmernden Deckel hübsch anzusehen, kostet allerdings auch happige sechs Euro für weniger als einen halben Liter. Die leicht wässrige Konsistenz erinnert eher an ein Sorbet, doch der Geschmack ist durchaus süß.

Um Kunden von den vermeintlichen Vorzügen der Light-Eiscreme zu überzeugen, setzt Halo Top nicht auf Fernsehwerbung, sondern auf soziale Netzwerke. Das Unternehmen sei eine "Millenial-Firma", sagt Bouton. Weil die Menschen zwischen 20 und Mitte 30 viel auf Instagram rumhängen, arbeitet Halo Top gezielt mit sogenannten Mikro-Influencern zusammen. "Sie haben vielleicht nur ein paar Tausend Follower, aber uns ist viel wichtiger, sie stehen für einen gesunden Lifestyle. Wir treten mit ihnen in Kontakt und schicken ihnen Eis oder einen Gutschein zu - in der Hoffnung, dass sie unser Eis probieren und darüber schreiben, wenn es ihnen geschmeckt hat."

Im besten Fall veröffentlichen auch Kunden ein Foto, die kein Gratis-Eis erhalten haben. Der ganz normale Konsument als Markenbotschafter. "Wir nennen sie nicht Kunden, wir nennen sie Fans", sagt Bouton. Das klingt fast größenwahnsinnig, scheint in den USA aber zu funktionieren. Deutsche "Fans", die sich mit dem Eis ablichten, findet man unter dem Hashtag #halotop bislang kaum.

Um das zu ändern, will Bouton bald Social-Media-Experten in Deutschland einstellen, auch eigene Geschmacksrichtungen seien denkbar. Die neuen Sorten wird er wieder testen müssen. Kein Problem, findet Bouton. "Ich liebe Eis schon immer", sagt er. Und sagt, dass es manchmal auch ein paar mehr Kalorien sein dürfen. Schließlich sei er mit "Chunkey Monkey" aufgewachsen - eine Sorte vom Konkurrenten Ben & Jerry's.

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