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Gabriele Strehle macht wieder Mode - aber ganz wenig und ganz klassisch. Ihre neue Kollektion hat nur sechs Teile.

Von Elisabeth Dostert

Sie hatte es angekündigt. Sie wollte sich nur Zeit lassen. "Ich will und werde wiederkommen", sagte Gabriele Strehle im Jahr 2013 der FAZ. Das war wenige Monate, nachdem sie bei Strenesse ausgestiegen war, jener Modemarke, die sie gemeinsam mit ihrem damaligen Mann Gerd Strehle aufgebaut hatte.

Nun hat Gabriele Strehle eine eigene Kollektion herausgebracht, die ihren Namen trägt. Sie umfasst nur sechs Teile: ein grauer schlichter Morgenmantel aus Kaschmir gehört dazu, eine weiße Baumwollbluse. Und da ist noch ein weißes T-Shirt für 199 Euro, auf dem steht: "C'est moi!". Das ist mehr als ein belangloser Aufdruck. In dem kurzen Satz "Das bin ich", der mit einem Ausrufezeichen endet und in Schreibschrift geschrieben ist wie eine sehr persönliche Note, steckt eigentlich alles: Gabriele Strehle ist wieder da. Sie macht das, was ihr immer am liebsten ist: schlichte Schnitte, hochwertige Materialien. Es ist das Gegenteil von dem, was viele andere Modeunternehmen heute tun, die in immer höherem Tempo eine Kollektion nach der anderen auf den Markt werfen. Fast Fashion, schnelle Mode, so der Fachbegriff. Gabriele Strehle macht: Slow Fashion.

Sehr viel langsamer geht es kaum. Die einzelnen Teile seien nicht an eine Saison gebunden, heißt es in einer Pressemitteilung eines Münchner Modehauses zur Einführung der Kollektion. Mode jenseits einer Saison, das klingt fast wie ein Widerspruch, gäbe es da nicht Klassiker, die jeden Modetrend überlebt haben. Es soll weitere Teile geben. Gabriele Strehle wird im März 67. Kreativität sei keine Frage des Alters, sagte sie vor vier Jahren dem Stern: "Kreativität lässt sich nicht abstellen wie ein Wasserhahn. Ich merke, wie sie in mir strömt und blubbert." Das Magazin hatte sie für seine Rubrik "Was macht eigentlich?" befragt. Es ist der redaktionelle Platz für Menschen, die mal Schlagzeilen gemacht haben und dann aus der Öffentlichkeit verschwunden sind - manche unfreiwillig, Strehle wohl eher freiwillig.

Sie brauchte eine Pause. Und ganz untätig war sie nicht. Angebote habe sie viele gehabt, sagte sie in einem der wenigen Interviews, die sie in den vergangenen Jahren gegeben hatte. Für das Projekt "Tailored Romance" lehrte sie als Gastdozentin an der AMD Akademie für Mode & Design in München. In einem Interview auf der Internetseite der Akademie sagt Strehle, sie sei ein romantischer Mensch, das sei unabdingbar für diesen Beruf. "Menschen kaufen mit der Mode ein Stück Traum." Jungdesigner sollten, sagte sie, "altmodische" Eigenschaften mitbringen: Fleiß, Wissbegierde und Teamgeist. Auch das ist eine Selbstdarstellung.

Sie hat es damit weit gebracht. Nach der Lehre zur Maßschneiderin in Memmingen besuchte sie die Meisterschule für Mode in München. 1973 fing sie im Bekleidungswerk Strehle an, das der damalige Junior Gerd Strehle modernisieren will. Mitte der 80er-Jahre heiraten sie. Das Paar macht aus der Mantelfabrik ein internationales Label. Der neue Name Strenesse verknüpft den Familiennamen Strehle mit dem französischen Wort für Jugend: jeunesse. Gabriele Strehle gilt neben Karl Lagerfeld, Jil Sander, Wolfgang Joop und Tomas Maier als einer der wenigen deutschen Modemacher mit internationalem Ruhm. Die schönsten Zeiten seien die 90er gewesen, sagt die Designerin später. Ihre Mode war auf den großen Schauen zu sehen. Gerd Strehle träumte vom Börsengang. Die Probleme begannen 2002 mit der Herrenkollektion. Die Geschäfte laufen immer schlechter. Im Frühjahr 2014 musste Strenesse Insolvenz anmelden. Da arbeitete Gabriele Strehle längst nicht mehr in der Firma. Nach der Trennung von Gerd Strehle verlässt die Designerin Ende 2012 Strenesse.

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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