Nahaufnahme:Eine Million gegen den Brexit

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Julian Dunkerton, der Gründer der Modekette Superdry, will den britischen EU-Austritt stoppen. Sein Geld soll helfen, Politiker aller Parteien von einem zweiten Referendum zu überzeugen.

Von Björn Finke

Erst die Party, dann die Politik: Vor anderthalb Wochen heiratete Julian Dunkerton, Gründer der Modemarke Superdry, die Designerin Jade Holland Cooper. Als DJ auf der Feier verdingte sich sein Freund Idris Elba, der Schauspieler, der als neuer James Bond im Gespräch ist. Und danach ging es im Privatjet auf Hochzeitsreise nach Südfrankreich, wie die Boulevardblätter meldeten.

Jetzt macht Dunkerton wieder Schlagzeilen - aber auf den Politikseiten. Der 53-jährige Brite spendet eine Million Pfund an die Kampagne People's Vote, zu Deutsch: eine Wahl für das Volk. Die Initiative setzt sich für eine neue Volksabstimmung zum britischen EU-Austritt ein. Die Bürger sollen vor dem Brexit im März entscheiden, ob ihnen die ausgehandelten Bedingungen der Trennung genehm sind oder ob sie doch lieber in der Union bleiben wollen. Die Kampagne hofft auf eine Mehrheit für den Verbleib.

Dunkerton, dessen Vermögen auf 350 bis 500 Millionen Euro geschätzt wird, bezeichnet sich selbst als "strict Remainer", als überzeugten Kämpfer gegen den Austritt. Es sei inzwischen klar, dass die Regierung keine Vision habe und dieses Vorhaben chaotisch angehe, sagt er: "Die Bevölkerung merkt immer stärker, dass der Brexit ein Desaster sein wird." Und der Manager sagt, er spüre einen Stimmungswandel im Land. Sein Geld solle nun dabei helfen, die Wende zu schaffen.

Konkret wird Dunkertons Million groß angelegte Meinungsumfragen finanzieren, um die Unzufriedenheit mit dem Brexit-Kurs zu dokumentieren. People's Vote will im Parlament eine parteiübergreifende Mehrheit für eine zweite Volksabstimmung gewinnen. Bisher lehnen die meisten Abgeordneten den Vorschlag ab, genau wie die Regierung. In der Bevölkerung halten sich Umfragen zufolge Befürworter und Gegner die Waage. Allerdings wird die Zeit bis zum Austritt knapp, denn Gesetzgebung und Vorbereitung für so ein Referendum würden Monate dauern.

Brexit-begeisterte Zeitungen und Politiker greifen Dunkerton für seine Spende an. Der Tenor: Ein linker Multi-Millionär, der seinen Reichtum schlecht bezahlten Textilarbeitern in Asien verdankt, plane, mit seinem Geld den Willen des Volkes zu untergraben. Dunkerton dürfte diese Kritik freilich egal sein. Er gibt sich ohnehin gern unkonventionell: Anzug und Krawatte meidet er; oft lässt er sich in Jeans fotografieren, am Handgelenk baumeln Lederbändchen. Auf ein Smartphone verzichtet er, weil ihn so ein Gerät zu sehr ablenke, wie er sagt: "Andere Leute kümmern sich um meine E-Mails."

In die Modebranche stieg Dunkerton mit 19 Jahren ein. Er lieh sich 2000 Pfund von seiner Familie und eröffnete einen Laden im ländlichen Herefordshire im Westen Englands, wo er aufgewachsen ist. Dorthin brachte er angesagte Kleidung aus London, die es bis dahin nicht gab in der Provinz. Das Geschäft verkaufte er aber nach einem Jahr - und machte 1985 mit dem Erlös und zusammen mit einem Freund in Cheltenham, einer Stadt in der Nähe, einen Modeladen namens Cult Clothing auf. Was anfangs nur ein Marktstand war, entwickelte sich zu einer Kette. 2003 gründete Dunkerton dann Superdry, sieben Jahre später ging das Unternehmen an die Börse. Im vergangenen März zog er sich aus der Führung zurück, um sich anderen Interessen zu widmen. Ihm gehören mehrere Hotels und Restaurants im Westen Englands.

Dunkerton ist allerdings weiterhin Großaktionär des Modekonzerns mit mehr als 500 Filialen weltweit, auch wenn er 2016 Aktien für etwa 50 Millionen Pfund verkaufen musste. So finanzierte er die Scheidung von seiner ersten Frau. Im Vergleich dazu sind eine Million gegen den Brexit geradezu ein Klacks.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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