Nahaufnahme:Digitaler Kassenwart

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Johannes Ferner: „Cloud-Lösungen sind die Zukunft des Digital-Standorts Deutschland.” (Foto: oh)

Fiskaly-Gründer Ferner sichert Ladenkassen aus der Cloud. Damit will er den Steuerbetrug eindämmen.

Von Michael Kläsgen

Was Johannes Ferner mit seinem im Moment 30-köpfigen Team erarbeitet hat, können voraussichtlich von Oktober an Millionen Bundesbürger schwarz auf weiß sehen - auf ihren Kassenbons. Gut, vermutlich wird sich das kaum einer länger anschauen, denn es handelt sich um verschlüsselte Signaturen, Seriennummern, Codes und Spezifikationen einer technischen Sicherheitseinrichtung, die auf den ersten Blick für Laien keinen Sinn ergeben. Aber der Zahlensalat ist eminent wichtig. Die Technik dahinter soll helfen, den tagtäglichen Steuerbetrug an den bis zu vier Millionen Ladenkassen in Deutschland einzudämmen. Und daran tüftelt der 29-Jährige mit seinem Team seit zwei Jahren mit großem Engagement und Enthusiasmus.

Das Besondere an Ferners Lösung ist, zumindest aus deutscher Sicht: Sie kommt aus der Cloud. Keine Hardware, kein Stick, sichert die Kassen, sondern die Software in einem Rechenzentrum. Anderswo in Europa funktionieren solche Cloud-Lösungen schon. Die Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gelten allerdings als besonders hoch. Ferners Firma Fiskaly, die er 2018 mit Simon Tragatschnig und Patrick Gaubatz gründete, wird sie wohl erfüllen - und einer der ersten, wenn nicht der erste Cloud-Anbieter sein, der bis Ende September die Zertifizierung vom BSI erhält. Dann könnte das sogenannte Kassengesetz von 2016 nach etlichen Verzögerungen und Torpedierungsversuchen von Lobbygruppen wie geplant Anfang Oktober Wirkung entfalten. Das Bundesfinanzministerium hält nach wie vor an dem Termin fest, obwohl mehrere Bundesländer wegen Corona weiteren Aufschub gewähren wollen.

Fiskaly steht jedenfalls neben mehreren Hardware-Anbietern bereit, um loszulegen. Alle haben damit angefangen, Firmen mit ihrer jeweiligen Technik auszurüsten. Zu den Kunden, die Ferner nennen darf, zählen Handelsunternehmen wie Markant, Bartels-Langness oder Orderbird. "Wir haben in den letzten vier Monaten mehr als 35 Millionen Signaturen für deutsche Unternehmer durchgeführt", sagt Ferner. Eine Zahl, die sich in den nächsten Monaten um den Faktor 100 steigern lasse. "Mit unserer Lösung können wir Zehntausende Firmen an einem Tag onboarden." Er ist stolz auf das Geschaffte und strotzt vor Tatendrang. Wer mit ihm zu tun hatte, bezeichnet ihn als "umgänglich". Es liegt ihm daran, Vorwürfe zu dementieren, er habe daran mitgewirkt oder sich damit gebrüstet, dass fast alle Bundesländer wegen Corona gegenüber Gastronomen und Händlern noch einmal Milde walten lassen wollen.

Leidenschaftlich werben für Cloud-Lösungen, das kann er allerdings schon. Er hält sie für "sicher, effizient und nutzerfreundlich" und glaubt allein bei Cloud-Kassen an ein dreistelliges Wachstum, Fiskaly eingeschlossen. Mit der Gründung der Firma habe er sich den Traum vom Unternehmertum erfüllt. Der IT-Consultant, Investor und Start-up-Gründer ist in Salzburg aufgewachsen. In Wien hat er Wirtschaftsinformatik studiert. Zwischendurch war er sechs Monate Austauschstudent in der Ukraine. Weil er "mal was anderes" machen wollte. Die Alternative wäre Schweden gewesen.

Das zeigt, ihn reizt eher unbekanntes Terrain. Die Ausrüstung der Kassen sei für Fiskaly nur ein erster Schritt. Die Bereiche IT-Security, Zertifizierungen und elektronische Signaturen würden, so ist er sich sicher, zu Themen der nationalen Sicherheit. Mögliche Anwendungen sieht er viele: beim Finanzamt, beim E-Government oder Banken-Log-in. "Cloud-Lösungen sind die Zukunft des Digitalstandorts Deutschland", sagt Ferner - und er will Lösungen dafür bieten.

© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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