Nahaufnahme:Die Ober-Netzwerkerin

Nahaufnahme: „Ich bringe Menschen zusammen, die sich sonst nicht kennen lernen würden“, sagt Irene Natividad.

„Ich bringe Menschen zusammen, die sich sonst nicht kennen lernen würden“, sagt Irene Natividad.

(Foto: Getty Images)

Irene Natividad organisiert den Global Summit of Women, das Davos für Managerinnen. Ihr Adressbuch ist dick.

Von Kathrin Werner

Wer einmal in ihrem Adressbuch landet, müsse sich in Acht nehmen, scherzt Irene Natividad. "Ich sammle Vorbilder und führe eine Art Datenbank für großartige Frauen", sagt sie. "Und dann bleibe ich in Kontakt mit ihnen. Sie entkommen mir nicht."

Natividad ist die Gründerin und Chefin des Global Summit of Women, der inoffiziell den Namen "Davos der Frauen" trägt. Wenn jemand dieses Schlagwort verwendet, lacht Natividad. "Ach was, es gibt uns doch schon viel länger", sagt sie. Mehr als 1000 Frauen reisen in diesem Jahr nach Basel, sie kommen aus mehr als 70 Ländern. Natividad hat die Premierministerinnen von Aruba und Namibia gewonnen, die Vizepräsidentin von Vietnam, die französische Arbeitsministerin, die britische Chefin der Personalberatung Egon Zehnder, die Chefin des staatlichen chinesischen Industriekonglomerats Genertec und den Chef des Industriekonzerns ABB. 70 Menschen fliegen aus Kasachstan ein, 30 aus Kamerun. Natividads Simultanübersetzer arbeiten mit acht Sprachen.

Die Konferenz ist jedes Mal in einem anderen Land, was einen riesigen Aufwand für Natividad bedeutet, die sich immer wieder neu in die lokalen Gepflogenheiten und Veranstaltungs-Bürokratien einarbeiten muss. "Ich war selbst bei endlos vielen Konferenzen, von denen es hieß, dass sie global seien. Aber dann kommen die Gäste doch fast nur aus einem Land", sagt sie. "Wir sind wirklich global."

Natividad will, dass Frauen mehr Einfluss haben in der Weltpolitik und Weltwirtschaft. "Dafür braucht man Geld. Mit Geld kommt Macht. Ich will, dass Frauen mehr Geld haben", sagt sie. Dafür sei es unerlässlich, stärker international zusammenzuarbeiten. Sie erzählt gern von den Geschäftsbeziehungen, die durch ihre Konferenz entstanden sind. Einmal berichtete sie zum Beispiel von einer Frau aus Bangladesch, die früher ihr Geld mit dem Verkauf von Pashmina-Schals verdiente, und durch sie nun auch Abnehmer in Island und Japan hat. Sie ist stolz darauf, eine Microsoft-Managerin und eine Politikerin aus Kambodscha dazu zu bringen, miteinander über Computer und Bildung zu reden. "Ich bringe Menschen zusammen, die sich sonst nicht kennenlernen würden." Andere Organisationen wie das World Economic Forum seien noch zu sehr von Männern dominiert und zu schwer zugänglich.

Natividads eigenes Leben ist fast so international wie ihr Kongress. Heute lebt sie in Washington. Geboren ist sie in Manila. Die Karriere ihres Vaters, eines Chemieingenieurs, führte die Familie von den Philippinen nach Japan, Iran, Griechenland und Indien. Natividad spricht Spanisch, Französisch, Italienisch, Tagalog, Farsi und Griechisch. Zum Studium zog sie in die USA, später unterrichtete sie amerikanische Literatur an zwei New Yorker Universitäten. Damals fand sie auch den Weg in die Politik und wurde zu einer der führenden Frauenrechtlerinnen der USA. Sie engagierte sich für die Demokratische Partei. 1985 wurde sie zur Vorsitzenden des National Women's Political Caucus gewählt, der sich dafür einsetzt, Frauen auf ihrem Weg in politische Ämter zu unterstützen.

Doch der Großteil ihrer Energie fließt in den Global Summit of Women, der Ende dieser Woche nun schon zum 26. Mal stattfindet. Sie organisiert viel selbst, vor allem die Finanzierung. Sie redet mit allen Rednern. "Es ist, als würde ich die ganze Zeit jonglieren", sagt sie. "Es ist sehr erfüllend. Ich habe mein Leben der Sache gewidmet." Natividad ist 70 Jahre alt. An Ruhestand denkt sie nicht. "Was ist das genau, Rente?", fragt sie. "Ich verstehe das nicht. Was macht man da?" So lange ihre Gesundheit mitspielt, will sie weitermachen. "Und ich werde von Jahr zu Jahr ungeduldiger. Die Zeit läuft. Ich will, dass sich die Dinge verändern."

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