Nahaufnahme:Der Zuckerberg Chinas

Nahaufnahme: "Ich kann meine Energie drauf konzentrieren, die Produkte und Strategien von Tencent zu verbessern." Ma Huateng.

"Ich kann meine Energie drauf konzentrieren, die Produkte und Strategien von Tencent zu verbessern." Ma Huateng.

(Foto: Bloomberg)

Der Milliardär Ma spendet zehn Prozent seines Vermögens. Aber nicht in allem ist er ein Wohltäter.

Von Christoph Giesen

Kaum war Mark Zuckerbergs Tochter Max auf der Welt, da schrieb der Facebook-Gründer ihr und der ganzen Welt einen Brief. 99 Prozent seines Vermögens werde er in eine Stiftung stecken. Soweit geht Ma Huateng nicht, dennoch nennen ihn manche bereits den Zuckerberg Chinas. Denn: Etwa zehn Prozent seines Reichtums will der chinesische Internet-Milliardär spenden. Aktien im Wert von etwa zwei Milliarden Dollar werde er in eine Stiftung einbringen, die Bildung, das Gesundheitswesen und den Umweltschutz in China fördern soll, kündigte er an.

Ma ist der viertreichste Chinese. Auf etwa 20 Milliarden Dollar taxieren die gängigen Vergleichslisten das Vermögen des 44-Jährigen. Was mit dem Geld im Detail geschieht, darüber sollen Experten wachen. "Ich kann meine Energie dann darauf konzentrieren, die Produkte und Strategien von Tencent zu verbessern", sagte Ma.

Tencent ist das Unternehmen, das er 1998 nach dem Informatikstudium und einem trostlosen ersten Job gemeinsam mit einem Studienfreund gründete. Sie programmierten einen Instant-Messenger und nannten ihn OICQ. Das Kürzel stand für Open ICQ. Prompt wurden sie von AOL verklagt, weil der Name zu sehr an ICQ, einen damals populären Dienst der Amerikaner erinnerte. Aus OICQ wurde QQ, ein großer Erfolg mit Millionen Nutzern in China.

Weil Tencent in den ersten drei Jahren rote Zahlen schrieb, brauchten Ma und sein Kompagnon finanzielle Unterstützung, 2001 stieg deshalb der südafrikanische Medienkonzern Naspers ein. Noch heute halten die Südafrikaner 34 Prozent der Anteile. Sie sind etliche Milliarden wert. Denn Tencent ist inzwischen eines der größten Internet-Unternehmen der Welt, vor allem wegen der App Wechat, Mas größtem Wurf.

Anfang 2011 kam sie auf den Markt. Knapp 700 Millionen Chinesen haben den Dienst auf ihren Smartphones installiert. Eigentlich kommuniziert das ganze Land nur noch per Wechat. Statt nach der Telefonnummer wird man heute nach seinem Wechat-Namen gefragt.

Besonders populär ist es, sich statt Textnachrichten Sprachschnipsel zu schicken. Man spricht ein paar Sätze ins Telefon, zeichnet diese auf und drückt dann auf "Senden". Überall, ob in der U-Bahn, im Restaurant oder beim Friseur sieht man Chinesen, die ihr Smartphone ungewöhnlich schräg vor den Mund halten, im Glauben, so eine bessere Soundqualität zu gewährleisten.

Anfangs verdiente Tencent nur mit Werbung Geld, inzwischen kann man aber per Wechat Rechnungen bezahlen und auch im E-Commerce mischt Mas Unternehmen mit. Tencent ist längst der wichtigste Wettbewerber von Alibaba, jenem Unternehmen, das 2014 den größten Börsengang der Geschichte in New York hinlegte.

Bemerkenswert ist, dass die Anteile, die Ma nun in eine Stiftung einbringen möchte, gar nicht in China registriert sind, sondern auf den Cayman-Inseln. Wie viele chinesische Unternehmer scheint er den Gerichten in der Volksrepublik nicht zu trauen und hat deshalb früh die Muttergesellschaft in einer Steueroase gründen lassen. Der Vorteil: Gewinne, die in China erwirtschaftet werden, können einfacher ins Ausland transferiert werden. Zudem muss Ma nicht fürchten, dass seine Anteile eingefroren werden, falls er einmal bei der Führung in Peking in Ungnade fallen sollte. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Wechat kooperiert umfänglich mit den Behörden. Chinas Zensoren haben vollen Zugriff. Wer zum Beispiel dieser Tage versucht, Artikel zu den Panama Papers und den Verstrickungen der chinesischen Machtelite bei Wechat zu teilen, erhält eine Fehlermeldung - im Internetdienst des Wohltäters.

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