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Nahaufnahme: "Nach mehr als 40 Jahren Warten auf das Verlassen der Europäischen Union wären 24 Monate mehr nur ein Rundungsfehler." Liam Fox.

"Nach mehr als 40 Jahren Warten auf das Verlassen der Europäischen Union wären 24 Monate mehr nur ein Rundungsfehler." Liam Fox.

(Foto: Reuters)

Bei seiner Reise nach Washington will der Brexit-Hardliner Liam Fox endlich zeigen, wofür er britischer Handelsminister ist.

Von Björn Finke

Neuling trifft gefürchteten Veteran - das ist die Konstellation bei Liam Fox' Besuch in Washington. Der 55-jährige britische Handelsminister ist am Montag und an diesem Dienstag in der amerikanischen Hauptstadt und spricht dort mit Robert Lighthizer, dem Handelsbeauftragten der USA. Lighthizer hat reichlich Erfahrung, schon in den Achtzigerjahren diskutierte er mit den Japanern über deren Exportüberschüsse. Er hat sich einen Ruf als knallharter Verhandler erarbeitet. Gesprächspartner Fox soll auf seinem neu geschaffenen Ministerposten Handelsverträge mit Wirtschaftsmächten weltweit abschließen. Als EU-Mitglied darf Großbritannien das nicht, denn Brüssel ist dafür zuständig. Das Brexit-Lager versprach aber vor der Volksabstimmung, dass das Königreich nach dem Austritt viele lukrative Verträge aushandeln werde.

Dieses Versprechen einzulösen, obliegt nun Fox. Allerdings hat der Konservative anders als Lighthizer bei dem Thema keinerlei Erfahrung. Bevor er 1992 ins Parlament gewählt wurde, hatte er als niedergelassener Arzt praktiziert. Nach dem Wahlsieg der Tories 2010 wurde er Verteidigungsminister. Im vorigen Juli übertrug Premierministerin Theresa May dem leidenschaftlichen EU-Gegner die Verantwortung für Handelspolitik. In Washington will Fox jetzt die Chancen für ein Abkommen mit den USA ausloten. Unterzeichnen dürften die Briten so einen Vertrag, der Zölle abschafft und Standards vereinheitlicht, ohnehin erst nach dem Austritt.

Fox verkündete, ein Freihandelsabkommen könnte bis 2030 die Im- und Exporte zwischen den beiden Staaten um ein Viertel vergrößern. US-Präsident Donald Trump hatte Anfang des Monats in gewohnt großspurigem Duktus versprochen, es werde "sehr, sehr schnell einen sehr großen, sehr mächtigen Deal" geben. Doch die Unternehmer im Königreich sind skeptisch. So warnt Adam Marshall, Chef des Handelskammerverbands, dass die Unerfahrenheit der Regierung zu einem Abkommen führen könnte, das US-Konzerne gegenüber britischen Rivalen bevorzuge.

Ein weiteres Problem: Washington dringt bei solchen Verhandlungen meist darauf, dass das Partnerland seinen Markt für hormonbehandeltes Rindfleisch und mit Chlor desinfizierte Hühnchen aus den USA öffnet. Dafür müsste Mays Regierung die Qualitätsstandards für Lebensmittel nach dem Brexit senken.

Fox wird trotzdem froh sein über die Washington-Reise. So kann er seine Nützlichkeit belegen, selbst wenn er vor dem Brexit keine Abkommen abschließen darf. Und vielleicht auch nicht danach: Denn Schatzkanzler Philip Hammond fordert, dass Großbritannien nach dem Austritt 2019 für zusätzliche zwei Jahre in der Zollunion bleibt, um den Übergang für die Unternehmen abzumildern. In dem Fall wäre das Königreich weiter an die einheitlichen EU-Zölle gebunden und könnte keine eigene Handelspolitik betreiben.

Fox hatte zunächst gesagt, die Übergangsphase solle nur wenige Monate dauern. Inzwischen hat er eingelenkt: "Nach mehr als 40 Jahren Warten auf das Verlassen der Europäischen Union wären 24 Monate mehr nur ein Rundungsfehler", sagt er nun. Allerdings hoffe er, dann trotzdem Handelsverträge abschließen zu können.

Seine frühere Ministerkarriere war nicht von Erfolg gekrönt: Er trat als Verteidigungsminister nach nur anderthalb Jahren zurück, weil herausgekommen war, dass er seinen Trauzeugen, einen langjährigen Freund, auf viele Staatsbesuche mitgenommen hatte. Der Begleiter, der Geschäftsmann Adam Werritty, gab sich als Berater des Ministers aus, was er offiziell aber gar nicht war. In seinem neuen Amt muss Fox wieder viel reisen. Am besten wohl ohne Mister Werritty.

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