Nahaufnahme:Chefin gesucht

Nahaufnahme: "Der Job ist für eine Frau besser geeignet", sagt Uniqlo-Gründer Tadashi Yanai.

"Der Job ist für eine Frau besser geeignet", sagt Uniqlo-Gründer Tadashi Yanai.

(Foto: YOSHIKAZU TSUNO/AFP)

Anderswo normal, in Japan jedoch fast eine Revolution: Der Gründer der Textilkette Uniqlo wünscht sich eine Frau als Nachfolgerin an der Spitze.

Von Thomas Hahn

Tadashi Yanai ist es gewohnt, dass sich andere über sein Ende Gedanken machen. Im Februar ist der allmächtige Gründer des japanischen Handelshauses Fast Retailing 70 geworden, und immer noch herrscht er allein über die Firma, die unter anderen das weltweit tätige Bekleidungsunternehmen Uniqlo besitzt. Vor vielen Jahren hat Yanai mal gesagt, dass er mit 65 kürzertreten wolle. Aber das klappte dann nicht, weil es aus seiner Sicht keine geeignete Person für seinen Posten als Geschäftsführer gab. Die Frage nach der Nachfolge ist seither spannend geblieben. Da wirkt es wie eine kleine Sensation, dass Tadashi Yanai laut der Nachrichtenagentur Bloomberg jetzt zumindest das Geschlecht der gewünschten Leitfigur nennt: weiblich. Gerade mit Blick auf Uniqlo findet Yanai: "Der Job ist für eine Frau besser geeignet."

Für einen Vertreter der japanischen Wirtschaft ist das keine alltägliche Aussage. Und es kann durchaus sein, dass manche Analysten damit wenig anfangen können. In der männerdominierten Hightech-Nation ist es für viele immer noch einleuchtender, dass Kühlschränke sprechen können, als dass eine Frau die Spitze eines Milliarden-Unternehmens übernimmt.

In Zeiten sinkender Geburtenzahlen und alternder Bevölkerung dämmert es zwar mittlerweile selbst erzkonservativen Politikern, dass sie ihre alten Rollenbilder überarbeiten müssen. Premierminister Shinzo Abe sagt ausdrücklich, dass Frauen helfen sollen, den Arbeitskräftemangel zu beheben. Seine Regierung hat einen eigenen Plan zur Gleichstellung vorgelegt, der unter anderem vorsieht, dass die nationalen Unternehmen bis 2020 den Frauenanteil in ihren Vorständen von 4,1 Prozent (2018) auf zehn Prozent steigern. Aber Gleichstellung ist das noch lange nicht. In der jüngsten Gendergap-Rangliste des Weltwirtschaftsforums liegt Japan nur wenig besser als 2017: auf Platz 110 statt 114.

In diese Stimmung hinein sagt also Tadashi Yanai, eine Frau solle sein Erbe antreten bei Fast Retailing / Uniqlo, immerhin dem größten Kleidungsvertrieb Asiens. Das ist ein Signal. Hier spricht ein aufgeklärter König, der die Zeichen der Zeit versteht. Oder? Yanais Ruf als weitsichtiger Querdenker hat gelitten durch den Umstand, dass er sich seit Jahren für unersetzlich erklärt. Kritiker bezeichnen ihn als autoritär und von seinen guten Wirtschaftsinstinkten verlassen. Yanai selbst schwört auf die Lehren der eigenen Fehler und sagt: "Wer sich nicht ändert, überlebt nicht." Das klingt klug - allerdings auch etwas kokett für einen, der die Alleinherrschaft nicht loslassen kann.

Vielleicht ist dieses Zaudern aber auch das gute Recht des Firmengründers, und Yanais Geschichte endet mit der fortschrittlichsten Personalentscheidung der japanischen Wirtschaftsgeschichte. Seine Karriere erzählt jedenfalls von einem, der letztlich immer richtig lag. In den Siebzigerjahren stieg er in die Schneiderei seines Vaters in Ube, Yamaguchi, ein und eröffnete 1984 in Hiroshima sein "Unique Clothing Warehouse", sozusagen die Keimzelle der heutigen Weltmarke Uniqlo. Zeitgeist-Mode für jedermann, preiswerte Eleganz ohne Schnörkel - damit war er erfolgreich. Heute ist Yanai laut Forbes der reichste Mann Japans mit einem Vermögen von 24,9 Milliarden Dollar. Die Zahl der Uniqlo-Läden ist weltweit bei etwa 2000 angelangt. 2018 haben sie 18,9 Milliarden Dollar eingenommen - Tendenz steigend, vor allem wegen internationaler Neueröffnungen in Märkten wie China oder den USA. Und Yanai hat noch Ziele. Bis 2020 soll seine Firma der größte Kleidungsverkäufer der Welt sein.

Ob er vorher die Geschäftsführung abgibt? Vielleicht an Maki Akaida, 40, Chefin von Uniqlo Japan? "Möglich", antwortet Tadashi Yanai. Das richtige Geschlecht hätte sie jedenfalls.

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